Ramelow als Ministerpräsident wird die gesamte SPD mittel- und langfristig in ihren Grundfesten erschüttern
(JEZT / JENAREPORTER ULF KAUFMANN) – Rund fünf Wochen nach der Landtagswahl hat die Spitze der Thüringer SPD gestern Abend eine Koalitionsempfehlung abgegeben. Damit fiel eine erste Vorentscheidung darüber, ob es in Thüringen – wie bisher – zu einer schwarz-roten Koalition oder einem rot-rot-grünen Bündnis mit einem linken Ministerpräsidenten kommen wird. Und die SPD machte das, was die Spatzen in Jena seit Wochen von den Dächern pfiffen: Der Landesvorstand sagte „Ja“ zu Rot-Rot-Grün und favorisiert Bodo Ramelow als Ministerpräsident.
In den vergangenen Wochen hatten die Parteien Sondierungsgespräche geführt, um eine mögliche Regierungsbildung auszuloten. Das Votum der SPD zur Aufnahme von Koalitionsverhandlungen muss nun noch durch eine Mitgliederbefragung unter den rund 4.300 Parteimitgliedern bestätigt werden, deren Ergebnis Anfang November vorliegen soll. Und genau hier soll – sozusagen in letzter Sekunde – die Aktion fruchten, die mehrere SPD-Politiker vor haben: man will der Basis aufzeigen, was ein solch radikaler Politikwechsel für die Bundespartei bedeuten könnte.
Zwei ehemalige SPD-Bundespolitiker aus Sachsen haben ihre Parteifreunde in Thüringen, einem Bericht des MDR zufolge, dringend vor einer Juniorpartnerschaft mit der Linkspartei gewarnt. In einem offenen Brief an die Thüringer SPD-Spitzenkandidatin zur Landtagswahl Heike Taubert schrieben die Bürgerrechtler und ehemaligen Bundestagsabgeordneten Gunter Weißgerber und Rainer Fornahl bereits vor Wochen, die LINKSPARTEI stehe für eine strangulierte Wirtschaft mit einem überbordenden öffentlichen Bereich. Ramelow und DIE LINKE würden die EU nicht mögen und stünden dem transatlantischen Bündnis fremd gegenüber.
In dem Brandbrief, den auch zwei bayerische Kommunalpolitikern der SPD unterzeichnet haben, warnten die Unterzeichner zudem davor, dass eine Koalition mit der Partei DIE LINKE und den Sozialdemokraten als Juniorpartner „die gesamte SPD mittel- und langfristig in ihren Grundfesten erschüttern“ würde, wie es wörtlich hieß. Dadurch würde die SPD in Thüringen nur weiter Wähler verlieren, aber keine neuen hinzugewinnen, denn „wer mit der Koalition zufrieden ist, kann zukünftig gleich DIE LINKE wählen“. Bei Unzufriedenheit würden sich Wähler aber eine Alternative zur SPD suchen, hieß es.
Bisher war die Ausgangssituation umgekehrt gewesen: In Brandenburg und Berlin beispielsweise war die SPD bei Koalitionen mit der PDS / LINKSPARTEI immer der stärkere Partner gewesen, hätte sozialdemokratische Grundforderungen durchsetzen können und DIE LINKEN hatten nach Regierungen unter Beteiligung der SPD an Reputation verloren. Im Bundesland Berlin z.B. ist derzeit wieder eine große Koalition von SPD und CDU an der Macht.
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