Listig ist das Piratenleben… – oder: „Mein Februar 2015“ (von Rainer Sauer)
Die Welt der Physiker ist von Natur aus bereits sehr groß und dies steigert sich mit jedem Tag – gerade dann, wenn der bevorzugte Beobachtungspunkt derart winzig klein ist wie z.B. optisch anisotrope Hafniumoxid- und Zirkonoxid-Schichten. Mein Thema im Februar 2015 ist deshalb eine Physikerin, die zugleich erfolgreiche Science-Fiction Autorin und Mitglied der Piraten ist. Mit ihr und mir gab es einen Disput zum Urheberrecht an einer Presseerklärung, wie man u.a. in ihrem Blog nachlesen kann.
Da die Piraten-Nichtfraktion (ebenso wie die der FDP) im Jenaer Stadtrat selbst nur kleine Anfragen stellen darf, bildete man mit den Freien Demokraten eine sog. Zählgemeinschaft – dies sei eine Art „Fraktion light“, wie Frau Dr. J. (so der Name der Dame) in ihrem Blog schreibt: eine nützliche Gemeinschaft, die jedoch keine politische Übereinstimmung voraussetze. Nur deshalb war es der Piratin möglich im Stadtrat eine Große Anfrage zu stellen, deren Miteinreicher Dr. Thomas Nitzsche und Rechtsanwalt Andreas Wiese von der FDP sind.
Frau Dr. J. verfasste hierzu eine Pressemeldung unter dem Titel „Piraten und FDP reichen Große Anfrage zum Verkehrsverbund Mittelthüringen ein“ und verschickte den Text zwecks Veröffentlichung in den Medien. Ich stellte diese Presseerklärung (mit kleinen redaktionellen Änderungen) für die FDP Jena in das Multimediaportal JEZT ein: Asche über mein Haupt … aber darum geht es mir beim Monatsrückblick jetzt gar nicht. Schon eher darum, dass Frau Dr. J. schrieb, sie hoffe „dass Rainer Sauer noch zur Vernunft kommt und beschließt, wenigstens das Urheberrecht zur Kenntnis zu nehmen. Schaun wir mal. Scheint sich übrigens zu einem meiner meistgelesenen Blog-Posts zu entwickeln. :-)“
Erkennend, dass ich mit der Veröffentlichung der Pressemeldung ganz offensichtlich eine Art Kriegsverbrechen begangen hatte (ganz so, als sei gerade die Stadt Derbelzebub in der Ostukraine unter Verletzung des Waffenstillstandabkommens in die Hände prorussischer Separatisten gefallen), machte ich mich „klar zum Ändern“, wandte mich am Freitag den 13. direkt an Frau Dr. J. und schrieb ihr unter anderem „…möchte ich mich nun einmal persönlich an Sie wenden und Ihnen zur freien Entscheidung anbieten, dass die Veröffentlichung des Textes (…) vom 09.02.2015 bei JEZT gelöscht wird, sofern Sie dies wünschen.“
Da stand im Blog der Physikerin bereits ein Artikel, in welchem sie vom „Kasperletheater“ berichtete, über mich und die Freien Demokraten, einer Partei „…die so uncool ist und derart peinliche Eigenwerbung…“ nötig habe. Einen kurzen Moment lang (… er dauert noch an …) dachte ich, es ginge Frau Dr. J. tatsächlich um die Piraten-Sache der Großen Anfrage zum Verkehrsverbund Mittelthüringen und nicht um das Urheberrecht an ihrer „Der böse Herr Sauer“-Story, doch weit gefehlt.
Die Stunden und Tage zogen dahin. Es wurde Samstag, es wurde Sonntag, der Montag kam und auch der Dienstag, es wurde Frühling, Sommer, Herbst und… schließlich folgte auch noch der Mittwoch, es wurde Donnerstag, dann war eine Woche um und nichts passierte auf dem Frau-Dr.-J.-Blog. Inzwischen sind sogar mehr als zwei Wochen vergangen. Strikt weigert sich die Piratin, mir auf mein Angebot zu antworten oder in Ihrem Blog wenigstens zu erwähnen, dass ich ihr dieses Angebot gemacht und „endlich Vernunft angenommen“ habe. Doch, doch, die Dame bloggt weiter fleißig Artikel. Darüber, was den Feuerdorn lecker macht, über alles außer Tiernahrung, über den Frühling. Zu mir gibt es Transparenz, so blickdicht wie Backpapier. Heißt für ihre Leser weiterhin: „Was erlaube‘ uncoole Sauer?“
Nun, ich bin darüber traurig, weine tagtäglich Eimer voller Krokodilstränen. Schon alleine deshalb, weil dieses Jahr Fasching für mich ausgefallen ist, denn ich musste mich den ganzen Rest der tollen Tage fragen: Darf ich mich nun als Pirat verkleiden oder ist mir das aus Urheberrechtsgründen verboten? Trotzdem mag ich diese Frau weiterhin … rein literarisch betrachtet … und habe alle ihre Bücher. – Freunde, so hart kann das Leben einen manchmal treffen … seufz …
Euer
Rainer Sauer, Jena
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