„Material mit dem Computer verändern“: Erste Lehrstuhlinhaberin an der Physikalisch-Astronomischen Fakultät der Universität Jena

15.03.15 • JEZT AKTUELL, START, WISSENSCHAFT, MEDIZIN & TECHNIKKeine Kommentare zu „Material mit dem Computer verändern“: Erste Lehrstuhlinhaberin an der Physikalisch-Astronomischen Fakultät der Universität Jena

JEZT - Prof Dr Silvana Botti von der Friedrich-Schiller-Universitaet Jena - Foto © FSU Guenther

Prof. Dr. Silvana Botti von der Friedrich-Schiller-Universität Jena – Foto © FSU Günther

(JEZT / FSU) – Prof. Dr. Silvana Botti (Foto) von der Friedrich-Schiller-Universität Jena (FSU) muss man wohl als Exotin bezeichnen: Die Physikerin, die gerade von der Universität im französischen Lyon nach Jena wechselte, ist die erste Frau, die einen Lehrstuhl an der Physikalisch-Astronomischen Fakultät innehat. Obwohl im vergangenen Jahr jede zweite an der FSU neu berufene Professur an eine Frau ging, ist Prof. Botti in ihrer Fakultät derzeit allein unter 31 männlichen Kollegen. „Das hat mich bei meiner Ankunft hier sehr überrascht“, sagt die 40-jährige Italienerin, die den Lehrstuhl für Theoretische Festkörperphysik übernommen hat. Doch im Forschungs- und Lehralltag, ergänzt sie, spiele dieser Umstand für sie und ihre Arbeit keine Rolle.

Physik ist Silvana Bottis große Leidenschaft. Als kleines Mädchen hat sie gerne mathematische Probleme gelöst. Später fand sie, Mathematik sei doch etwas zu abstrakt und entflammte für die Physik. „Aber ich bin hoffnungslos tollpatschig und die Arbeit in einem experimentellen Labor wäre viel zu gefährlich für mich“, sagt die Physikerin und lacht. Und so konzentriere sie sich lieber auf die theoretischen Grundlagen physikalischer Prozesse. „Mich interessieren die atomaren und molekularen Strukturen und Prozesse in Festkörpern, beispielsweise im Wechselspiel mit Licht“, erläutert sie. Aktuell analysiert Botti etwa, was im Inneren von Solarzellen passiert, wenn Sonnenlicht darauf trifft. „Wir können anhand von Computermodellen die Materialeigenschaften verändern und so die Energieausbeute berechnen, bevor wir kostenintensive Experimente machen müssen.“ Nur diejenigen Materialien, die sich in den theoretischen Analysen als vielversprechend erweisen, werden anschließend in realen Experimenten geprüft. Auf diese Weise versucht sie auch Materialien, mit deren Hilfe sich Wasserstoff als Energieträger speichern lässt bzw. Materialien zur Wärmerückgewinnung zu verbessern.

Studiert hat Silvana Botti, die neben Italienisch und Englisch auch Französisch, Portugiesisch und etwas Deutsch spricht, im norditalienischen Pavia – „einer kleinen, traditionsreichen Universitätsstadt, an die mich Jena sehr erinnert.“ An der dortigen Universität wurde sie 2002 auch promoviert. In ihrer Doktorarbeit, die sie in Pavia und in Paris anfertigte, hat sie die optischen Eigenschaften von Halbleitern simuliert und berechnet. Es folgten einige Jahre an der École Polytechnique in Palaiseau bei Paris, in der Silvana Botti neben ihrer Forschung vor allem Lehrerfahrung sammelte und in die nationale französische Forschungsorganisation CNRS (Centre national de la recherche scientifique) aufgenommen wurde. Von Paris ging es für sie anschließend zwei Semester als Gastprofessorin an die Uni Coimbra in Portugal und später an die Uni in Lyon, wo sie sich 2010 habilitierte.

Hier bauten sich die zielstrebige Forscherin und ihr Ehemann – ein Portugiese und ebenfalls theoretischer Physiker – nicht nur zwei wissenschaftliche Karrieren auf. Neben ihrer Forschungsarbeit haben sie auch eine Familie gegründet und teilen sich die familiären Aufgaben. Zur Familie, die inzwischen komplett nach Jena umgezogen ist, gehören heute ein neunjähriger Sohn sowie zwei Töchter im Alter von sechs und drei Jahren. Auch wenn Forschung und Familie eigentlich zwei Fulltime-Jobs sind, die jeden Tag minutiös organisiert werden wollen, ist Silvana Botti überzeugt, beidem gerecht zu werden und will damit auch anderen jungen Frauen und Mädchen ein Vorbild sein. „Natürlich gibt es soziale Barrieren, die heute immer noch Frauen daran hindern, in Führungspositionen zu gelangen“, ist Botti überzeugt. Dennoch, so betont sie, sei es auch an den Frauen selbst, sich eine Wissenschaftskarriere zuzutrauen und diesen Weg mit Selbstbewusstsein zu gehen. Sie rechne jedenfalls nicht damit, auf Dauer die einzige planmäßige Lehrstuhlinhaberin ihrer Fakultät zu bleiben. Und mit der außerplanmäßigen Professorin Dr. Elke Wendler gibt es bereits eine weitere Frau in der Männerriege der Jenaer Physik.





Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

« »


JENAhoch2 | Omnichannel-Media für Stadt und Region