„Mediziner, Hochschullehrer und Erfinder“: Prof. Dr. Hans-Reiner Figulla nimmt Abschied vom Universitätsklinikum Jena

22.03.15 • INFOS FÜR STUDIERENDE, JEZT AKTUELL, START, UNSER JENA & DIE REGION, WISSENSCHAFT, MEDIZIN & TECHNIKKeine Kommentare zu „Mediziner, Hochschullehrer und Erfinder“: Prof. Dr. Hans-Reiner Figulla nimmt Abschied vom Universitätsklinikum Jena

JEZT - Mediziner Prof Dr Figulla verlässt nach fast 18 Jahren das Universitaetsklinikum Jena - Foto © UKJ Szabo

Mediziner Prof. Dr. Figulla verlässt nach fast 18 Jahren das Universitätsklinikum Jena – Foto © UKJ Szabo

Er nahm einen Umweg zum Medizinstudium, erst gab es einige Semester VWL, dann ein Semester Physik, bevor es mit der Medizin losging: „Das lag am Numerus Clausus. Wegen mäßigem Abitur wurde ich zunächst nicht zum Medizinstudium zugelassen. Tja, und am Ende bin ich Ordinarius geworden“, erklärt Prof. Hans-Reiner Figulla lachend. Fast 18 Jahre leitete der Kardiologe, Hochschullehrer und Erfinder die Klinik für Innere Medizin I (Kardiologie, Angiologie, Internistische Intensivmedizin, Pneumologie) am Thüringer Universitätsklinikum Jena (UKJ). Ende März gibt er mit 65 Jahren diese Aufgaben ab. Ein Abschied vom Klinikum und der Universität, aber nicht ganz von der Kardiologie.

Rund 6.000 Patienten werden jährlich stationär, weitere 10.000 ambulant in der Klinik für Innere Medizin I am UKJ versorgt. Die Patientenzahl ist seit 1997 kontinuierlich gestiegen. „Bei meinem Start gab es einen einzigen Herzkathetermessplatz, heute gibt es davon vier, einschließlich eines Hybrid-OP-Saals zur Herzklappenimplantation und die neuste technische Ausstattung“, so Prof. Figulla. Ein weiterer, enorm wichtiger Impuls für die Herzmedizin am UKJ war die Etablierung der Herzchirurgie vor über fünfzehn Jahren. „Zusammen mit den Herzchirurgen können wir unseren Patienten das komplette Behandlungsspektrum der modernen Herzmedizin anbieten und arbeiten Hand in Hand. Davon profitieren die Patienten am UKJ enorm“, ist Prof. Figulla überzeugt. In den großen Klinikrankings wird die Kardiologie stets zu den besten Kliniken in Deutschland gezählt. Auch die über 450 wissenschaftlichen Publikationen von Prof. Figulla untermauern diese erfolgreiche Entwicklung. Insgesamt 16 Habilitationen erfolgten während seiner Zeit in Jena. Hieraus gingen zahlreiche Chefarztbesetzungen an anderen Kliniken hervor.

Sein wissenschaftlicher Werdegang und seine medizinische Laufbahn führten ihn nach dem Studium in München und Freiburg zunächst in die USA, dann folgte eine über zweijährige Station am Max-Planck-Institut für Systembiologie in Dortmund und im Anschluss die Tätigkeit am Universitätsklinikum Göttingen. 1994 erfolgte dort die Berufung auf eine C3-Professur, bis zu seinem Wechsel nach Jena war Prof. Figulla geschäftsführender Oberarzt am Zentrum für Innere Medizin am Universitätsklinikum Göttingen.

Herzinfarktsterblichkeit um 40 Prozent gesunken

Neulich habe er eine Bewerbung um eine Assistenzarztstelle auf den Schreibtisch bekommen. Die Kardiologie sei „das coolste Fach“ in der Medizin, hieß es im Anschreiben. Diese saloppe Beschreibung habe ihm gefallen und er nennt einige ernsthafte Gründe: „In den vergangenen 20 Jahren ist die Sterblichkeit beim akuten Herzinfarkt um 40 Prozent zurückgegangen, bei der koronaren Herzkrankheit um fast 30 Prozent. Das ist eine große Erfolgsgeschichte der Kardiologie. Wir können Lebenszeit verlängern oder die Lebenszufriedenheit verbessern. Das ist für einen Mediziner natürlich sehr befriedigend.“ Einen großen Anteil daran habe die Weiterentwicklung der Medizintechnik gehabt. Prof. Figulla: „Stark vereinfacht dargestellt: Das Herz ist eine Pumpe, also ein mechanisches Organ. Hier konnten wir in den letzten Jahren sehr gute mechanische Lösungen entwickeln, die vielen Patienten helfen.“

Ein Beispiel dafür ist auch die von Prof. Figulla entwickelte Herzklappe „JenaValve“, die inzwischen in Kliniken rund um den Globus genutzt wird: Im vergangenen Jahr wurde die 1.000ste „JenaValve“-Herzklappe bei einem Patienten in Argentinien eingesetzt. Schon seit 2011 gibt es die in Europa erforderliche CE-Zulassung für die Herzklappe aus Thüringen. Bei der Entwicklung der Herzklappe wurde das Team der Klinik durch das Fraunhofer Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik in Jena unterstützt. Ein anderes Beispiel für die gute Zusammenarbeit der Universitätsmedizin mit den Instituten und der Industrie in Jena ist die Entwicklung des „Figulla-Okkluders“. Mit diesem kathetergeführten Verschlussschirm können Löcher in der Scheidewand des Herzens verschlossen werden. Die Schirme werden in Jena produziert, weltweit wurden schon ca. 30.000 Schirme eingesetzt.

Jena wird Prof. Figulla nicht den Rücken kehren: „Wir werden weiter in Jena wohnen, wir haben hier viele Freunde. Und Jena ist ein wunderbarer Ort für die Entwicklung innovativer Produkte und Verfahren. Es gibt nur wenige Orte in Deutschland, an denen soviel wissenschaftliche Kompetenz so eng zusammen kommt.“ In Zukunft wird er sich der Weiterentwicklung „seiner“ Herzklappe und weiterer Erfindungen widmen. Vom beamteten Professor zum Unternehmer also? Für Figulla kein Widerspruch: „Es sind gerade die Universitäten, an denen Innovationen entwickelt werden. Das konnten wir in den letzten Jahren zeigen.“ Auch, das gibt er zu, wenn es dabei manche bürokratische Hürde zu überwinden galt.

Jena guter Standort für Innovationen

Etwas schade sei es allerdings schon, dass er nun nicht mehr den Umzug der Kardiologie in den zweiten Bauabschnitt des UKJ begleiten kann. Von seinem überschaubaren Büro im Gebäude der 1980 errichteten „Klinik für Innere Medizin“ blickt Prof. Figulla direkt zu allen Seiten auf die derzeitige Baustelle. „Aber es ist gut, wenn der Klinikumzug in die Hände meiner Nachfolge fällt. So können direkt neue Akzente gesetzt werden.“ Und das gelte nicht für die Kardiologie in Jena, sondern für das gesamte Fachgebiet: „In den kommenden Jahren wird die molekulare Kardiologie stark an Bedeutung gewinnen. Die Innovation muss also weitergehen, daher ist jetzt ein guter Zeitpunkt für einen Generationswechsel, der neue Impulse bringt.“ Seine Klinik sieht er dafür bestens aufgestellt.

„Professor Figulla hat die Entwicklung seines Faches national und international durch sein Wissen und seine Arbeit maßgeblich geprägt und vorangetrieben. Unter seiner Leitung wurde die Herzmedizin am UKJ zu einem Zentrum moderner und innovativer Patientenversorgung mit einem Ruf weit über die Grenzen Thüringens hinaus. Wir sind dankbar für seinen unermüdlichen Einsatz zum Wohle der Patienten. Mit seiner wissenschaftlichen Arbeit und seinen Erfindungen hat er einen wichtigen Beitrag zur Weiterentwicklung der Kardiologie geleistet“, würdigt Dr. Brunhilde Seidel-Kwem, Kaufmännischer Vorstand und Sprecherin des Vorstandes, die Arbeit von Prof. Figulla.

Seine Abschiedsvorlesung am 27. März in der Aula hat Prof. Figulla unter das Motto „Herzensangelegenheiten 2.0“ gestellt. Natürlich wird hier die Kardiologie im Mittelpunkt stehen. Und auch wenn er weiterhin auf diesem Gebiet arbeiten wird, freut er sich doch auf mehr Zeit für persönliche Herzensangelegenheiten: den Garten, Segeln und natürlich die Enkelkinder.





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