„Die faire Entscheidung“: Studie der Friedrich-Schiller-Universität Jena belegt Zusammenhang von globaler Identität und Konsumverhalten
(JEZT / FSU / US) – Ob Mann oder Frau, Fan von Bayern München oder Borussia Dortmund, Thüringer oder Europäer – Menschen fühlen sich in der Regel ganz unterschiedlichen sozialen Gruppen zugehörig. Die Einteilung in solche Kategorien ermöglicht es, sich in der Welt zurechtzufinden. Man orientiert sich an Menschen, die einem ähnlich sind und mit denen man Einstellungen und Vorlieben teilt, sei es die für die Lieblingsfußballmannschaft, die Zugehörigkeit zu einer Nation oder Region. „Diese Gruppenzugehörigkeit bestimmt nicht nur unsere soziale Identität, sondern beeinflusst maßgeblich auch unser Handeln“, erläutert der Sozialpsychologe Dr. Gerhard Reese von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. „Wenn mein favorisiertes Team gewinnt, feiere ich mit; verliert es, bin ich traurig und suche Trost“, macht Reese ein Beispiel deutlich.
Dass das Verhalten von Menschen auch dann durch ihre soziale Identität beeinflusst wird, wenn sie sich zur größten überhaupt möglichen Gruppe – der Menschheit – zugehörig fühlen, das konnte der Jenaer Sozialpsychologe jetzt in einer aktuellen Studie zeigen. Im Fachmagazin „Journal of Social Psychology“ publizieren Reese und seine Fachkollegin Fabienne Kohlmann Forschungsergebnisse, wonach das Vorhandensein einer solch globalen Identität Menschen ein besonderes ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden verleiht, was sie u. a. dazu veranlasst, sich bewusst für fair gehandelte Produkte zu entscheiden.
Für ihre Untersuchung haben die Jenaer Forscher Versuchspersonen einen umfangreichen Fragebogen ausfüllen lassen. Die Studienteilnehmer, die über den Hintergrund der Untersuchung vorab nicht informiert waren, sollten beispielsweise angeben, wie stark sie sich mit der Weltgemeinschaft identifizieren, wie sie Ungerechtigkeit in der Welt wahrnehmen und wie sie selbst damit umgehen. Anschließend erhielten sie als Dankeschön für die Teilnahme an der Befragung eine Tafel Schokolade, die sie sich selbst aussuchen konnten. Zur Wahl standen konventionell und fair gehandelte Schokolade, wobei die Fairtrade-Produkte deutlich kleiner waren. „Wer sich für Fairtrade-Schokolade entschied, tat dies folglich bewusst und nahm dafür den Nachteil in Kauf, weniger Schokolade zu bekommen“, so Reese.
Mit ihrer Studie greifen die Psychologen ein wachsendes wissenschaftliches Interesse auf. „Es gibt bereits einige Untersuchungen, die zeigen, dass sich Menschen, die sich als Teil der Weltgemeinschaft sehen, stärker prosozial verhalten als andere“, sagt Gerhard Reese. Sie nehmen Ungleichheiten stärker als ungerecht wahr und versuchen durch ihr eigenes Handeln für Gerechtigkeit zu sorgen. „Wie unsere Studie nun zum ersten Mal zeigt, beinhaltet das auch das Konsumverhalten.“
Allerdings, so schränkt der Jenaer Forscher ein, könnten natürlich auch andere Beweggründe eine Rolle spielen, wenn Menschen sich für fair gehandelte Produkte entscheiden. Er sieht in der aktuellen Studie daher lediglich einen ersten Schritt für künftige Forschungsprojekte. „Interessant wäre etwa zu wissen, welche Mechanismen Menschen darin unterstützen oder hindern, sich als Teil der Weltgemeinschaft wahrzunehmen.“ Auch der Einfluss sozialer Ressourcen, wie des finanziellen Status, auf die Ausbildung von globaler Identität und ihrer Auswirkung auf das Konsumverhalten bleibe zu klären.
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