Keine Zeit zu trauern… – oder: „Mein März 2015“ (von Rainer Sauer)

01.04.15 • JEZT AKTUELL, STARTKeine Kommentare zu Keine Zeit zu trauern… – oder: „Mein März 2015“ (von Rainer Sauer)

JEZT - Trauer um die 150 Opfer des germanwings Fluges 4U9525 - Symbolbild © MediaPool Jena

JEZT - Mein Monat LogoDer März 2015 ist um, der stürmische Frühling da und ich muss feststellen: Manche Menschen haben offensichtlich keine Zeit um  zu trauern. Sie fragen sich ganz offen, was es zu betrauern gibt, wenn bei einem Flugzeugabsturz 15o Menschen ums Leben kommen? Bei ihnen fehlt der innere Trauerflor, keine Fahnen wehen emotional auf Halbmast, keine Empathie ist erkennbar mit den Hunderten von Angehörigen und Freunden der Toten, die fassungslos leer und traurig sind. Statt dessen meckern diese Menschen munter drauf los, wenn es eine Schweigeminute auch getan hätte. Sie regen sich auf über Gott und die Welt, über unfähige Politiker ebenso wie über böse Polizisten, die Blockupy-Demonstranten grundlos verletzen und / oder sie schimpfen über Neger. – Neger? … Jawohl, es geht um Neger und im betreffenden Fall darf ich dieses Wort sogar berechtigter Weise hier erwähnen, denn wer Fasching liebt, der kennt vielleicht noch Ernst Neger. Der „singende Dachdeckermeister“ aus der Fastnachtshochburg Mainz war zu Lebzeiten ein Superstar und seine Hits „Heile, heile Gänsje“, „Rucki Zucki“ oder „Humba-Täterä“ werden heute noch gerne gespielt und gesungen. Dafür bekam Ernst Neger sogar das Bundesverdienstkreuz verliehen.

Das ist lange her, um nicht zu sagen: es war eine andere Zeit. In unserem Land herrscht heute Politische Korrektheit und vehement wird in Deutschland diskutiert, wenn es um als diskriminierend empfundene Worte und Symbole geht. So sagt man inzwischen Schaumkuss zum Mohrenkopf und auch das Zigeunerschnitzel scheint zu einem Auslaufmodell zu werden. Absurd wird es jedoch immer dann, wenn man z.B. das Christentum ohne Probleme ablehnen darf, Kritik am Islam dagegen vehement abgelehnt wird. Denn mit einer oft fanatischen Leidenschaftlichkeit wird bei uns darum gestritten, was „gut“ und was „böse ist“ und nun hat dies auch den Erben des Mainzer Dachdeckerbetriebs, Thomas Neger, eingeholt.

Der nutzt nämlich das einst von Ernst Neger selbst entworfene Firmenlogo für seine „Thomas Neger Metallsystem- und Bedachungen GmbH“ weiter: ein dunkles Männlein mit dicken Lippen und großen Ringen in den Ohren. Und genau dagegen formiert sich in der Rheinland-Pfälzischen Landeshauptstadt erboster Widerstand; eine Facebook-Seite mit dem Titel „Das Logo muss weg!“ hat inzwischen weit mehr als 2.500 Freunde.

Thomas Neger beruft sich auf das Grundgesetz und die dort verankerten Freiheiten, erklärt, dass er selbst mit der Weiterverwendung des Logos keinerlei Freiheiten verletze. Aber wahrscheinlich hat die Initiative „Schwarze Menschen in Deutschland“ recht, wenn sie meint, es sei zweifelhaft, ob er aus seiner persönlichen Einschätzung und Perspektive empfinden kann, ob das Logo latent rassistisch ist oder nicht; hier fehle ihm schlichtweg die Kompetenz, heißt es.  Und so geben sich beide Lager unversöhnlich. Für den Selbständigen wird sich aber irgendwann schon die Frage stellen, ob die Sache mit dem Logo seiner Firma eher schadet oder nutzt.

Mich bewegt aber vor allem, dass diese Angelegenheit einigen Menschen viel wichtiger erscheint als das menschliche Drama in den Französischen Alpen.

In diesem Sinne

Euer

Rainer Sauer, Jena





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