„Das Leben ist ein Selfie“ – Der gnadenlose Faktencheck von Jenareporterin Jane Napoli (Teil 4)

22.06.15 • INTERESSANTES, JEZT AKTUELL, STARTKeine Kommentare zu „Das Leben ist ein Selfie“ – Der gnadenlose Faktencheck von Jenareporterin Jane Napoli (Teil 4)

JenaPRanger Symbolbild Buckelmanns Welt JEZT online Satire

Erinnern Sie sich noch an Buckelmann? JA, GENAU DER! Seine Geschichte setzt sich fort…

Buckelmann legt nun einen Gang zu und zieht sich hastig an, muss allerdings feststellen, dass seine Bermuda-Shorts einen Schokoladenfleck haben; weiß der Teufel woher und weshalb. Er holt deshalb die dunkle Stoffhose aus dem Schrank – sie spannt zwar ein wenig im Bundbereich, aber er braucht den Bauch nur ein klein wenig einzuziehen und es geht schon. Das hellblaue T-Shirt überwerfend rutscht er beinahe aus und das obwohl er keine Strümpfe an hat. Gut, denkt sich Buckelmann, dann gehe ich heute ohne Socken in Sandalen, das sieht ja auch gleich viel cooler aus.

Auf dem Weg zum Bad bemerkt er, dass es bereits zwölf Uhr dreiundzwanzig ist und Buckelmann beschließt, das Duschen heute auszulassen. Also Deo aufgelegt, ergänzt um ein klein wenig ‚Axe‘, und sein Körper duftet schon wieder unwiederstehlich. Nun bemerkt er jedoch den Geruch seiner Stoffhose undBuckelmann fällt ein, dass er die schon zwei Mal in die Reinigung geben wollte, aber weil die Schweine so unverschämt teuer ist, hat er es sein gelassen. In solchen Momenten hilft ‚Febreze‘, denkt Buckelmann. Denn das ist ein wahres Teufelszeug, eine geruchstechnische Wunderheilung, die ihm sogar schon einmal den Abend und die Nacht mit Conny gerettet hatte, als er das längst überfällige Katzenklo mit einer halben Flasche „Frebreze“ in ein duftendes Sonnenmelonen-Feld verwandeln konnte, das kurz darauf seine ganze Wohnung eroberte und am Ende sogar Conny. Am nächsten Morgen hinkte Schrumpfkopf – so heißt Buckelmanns Kater – zwar ein wenig, aber Schrumpfkopfs Lähmungserscheinungen waren schon einen Tag später wieder verschwunden.

JEZT - Hier spricht Jane Napoli - Symbolbutton © MediaPool Jena

Hier spricht Jane Napoli – Symbolbild © MediaPool Jena

Nach der Schnellreinigung seiner dunklen Hose ist es inzwischen beinahe ein Uhr geworden. Laufen ist nun nicht mehr möglich, denkt sich Buckelmann, ebenso wie Radfahren, denn sein Fahrrad hat noch immer keine neue Kette. Er hat nur noch die Zeit, sich seine Umhängetasche zu schnappen und hastig sein Haus zu verlassen, um zur Straßenbahnhaltestelle zu rennen. Doch der Schienenmuli ist wohl gerade weggefahren und die nächste Bahn kommt erst in zehn Minuten. Scheiße, denkt Buckelmann: um viertel zwei in Büro der BI zu sein, das konnte er nun also kicken.

Um kurz nach halb zwei ist Buckelmann endlich in der Stadtmitte und kann „auf Arbeit“ gehen. Aber er hat ja noch gar nichts gegessen, also führt ihn sein Weg direkt zu C&A, denn da ist Bockwurst-Olaf und Buckelmanns Magen ist für kleines Geld für’s erste gefüllt. Da fällt Buckelmann ein, dass er seinen Brief gleich persönlich einwerfen könnte und damit würde er sich sogar die teure Briefmarke sparen. Er wühlt in seiner Tasche und muss feststellen, dass er den Brief an die Wohnungsgesellschaft wohl zu Hause vergessen hat. Also: nach seiner Rückkehr sofort den Brief holen und dann unverzüglich in den Postkasten am Kaufland einwerfen! Sollten die Wohnungsknechte es wagen, ihn als verfristet eingegangen anzusehen, dann gnade denen Gott, denkt Buckelmann. Er kennt schließlich jede Menge Reschtsanwälte. Die werden denen schon zeigen, was recht ist.

Conny hatte ihm mal entgegnet, er hätte sich wohl eine Flatrate für Ausreden zugelegt. Das hatte ihn schon sehr getroffen, denn in Wirklichkeit ist Buckelmann ein guter Mensch, jemand, der alles für andere tun würde und es auch tut, wenn er damit ein klein wenig von seinem eigenen Leben abgelenkt wird. Das führt dann gelegentlich zu solchen Entwicklungen wie am heutigen Tag, denkt sich Buckelmann, aber das muss man eben in Kauf nehmen als Gutmensch.

Nun begibt sich „Bucki“, wie ihn seine Mitstreiter nennen, unverzüglich ins Büro der Bürgerinitiative, in dem man ihn seit zwölf Uhr dringend erwartet und dort begrüßt erst einmal alle auf das Herzlichste. Dann klemmt er sich den Jugendförderplan unter den Arm, nimmt einen Stift in die Hand und geht damit ins Hinterzimmer, nicht ohne nachzufragen, ob der Brief vom Internationalen Bund zu sozialpädagogischen Hilfen zur Überwindung individueller Beeinträchtigungen schon angekommen sei. Ist er nicht, hört „Bucki“.

Na sowas, sagt er daraufhin, und ich habe erst vorhin mit dem IB gesprochen und man hatte mir versichert, dass der Brief schon längst da sein sollte. Kein Zweifel, denkt sich Buckelmann, ich habe die Flatrate für Ausreden und die für Geistesgegenwart und Genialität gleich dazu, denn seine Erwähnung eines Gespräches mit dem IB, das so natürlich gar nicht stattgefunden hat, machte es ihm möglich, zu zeigen, wie fleißig er heute schon war. Lange bevor er kurz nach zwei Uhr eingetroffen ist.

Noch interessanter war: Conny hatte absolut recht gehabt. „Buckelmann, weißt Du, was Du bist?“, hatte sie ihn vorgestern gefragt. „Du bist ein Chaospratiker“, hatte sie ihm gesagt, was er natürlich sofort, vehement und umfassend abgestritten hatte. Eine Frechheit war das: Chaospraktiker. Bei Lichte betrachtet hatte sie es aber nichtsdestoweniger richtig erkannt. Er, Buckelmann, konnte mit dem Chaos umgehen. Aber er war dabei nicht nur Chaospraktiker sondern auch Intuitivstapler seiner Platten an Problemen. So ist eben mein Leben, dachte er sich, während er einen scharfen Artikel zum Jugendförderplan in seinen Laptop tippte.

Vor langer Zeit – damals als er für die Uni arbeitete –  hatte er die Wahl gehabt wie sein Leben verlaufen sollte und er hatte sich bewusst und voller Hingabe für genau diese Art von Leben entschieden: Buckelmanns Welt.

[…und diese Geschichte setzt sich weiter fort…]

Eure Jane





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