Physiker weisen in Zusammenarbeit mit der Universität Jena nach: Nukleare Quantenoptik kontrolliert und verlangsamt Röntgenlicht

18.07.15 • JEZT AKTUELL, START, WISSENSCHAFT, MEDIZIN & TECHNIKKeine Kommentare zu Physiker weisen in Zusammenarbeit mit der Universität Jena nach: Nukleare Quantenoptik kontrolliert und verlangsamt Röntgenlicht

JEZT - Institut für Optik und Quantenelektronik der FSU - Symbolbild © FSU Kasper

Arbeit am Institut für Optik und Quantenelektronik der Friedrich-Schiller-Universität Jena – Symbolbild © FSU Jan-Peter Kasper

(JEZT / FSU) – Der vor rund 50 Jahren erfundene Laser ermöglicht eine Kontrolle der Wechselwirkung von Licht und Materie. Dies hat ein ganz neues Feld, die Quantenoptik, begründet und zur Entdeckung höchst bemerkenswerter Effekte geführt. So ist es vor gut zehn Jahren erstmals gelungen, Licht abzubremsen. Eine Anwendung als Schalter in optischen Netzwerken erscheint damit möglich.

Röntgenlicht besitzt ebenfalls eine unglaubliche Vielzahl von Anwendungen, die zum großen Teil auf seiner Fähigkeit beruhen, Materie zu durchdringen. Die Quantenoptik im Röntgenbereich steht allerdings erst ganz am Anfang. Spannend ist die Möglichkeit, dass Röntgenlicht auch den Atomkern erreichen kann, während sichtbares Licht nur mit der Elektronenhülle eines Atoms wechselwirkt.

Physiker des Heidelberger MPI für Kernphysik haben nun in Kooperation mit dem Deutschen Elektronen-Synchrotron DESY und der Universität Jena erstmals grundlegende Effekte der Quantenoptik mit Atomkernen für Röntgenlicht demonstriert. Durch resonante Streuung an einer Dünnschicht-Eisenprobe konnten sie Welleneigenschaften von Lichtpulsen im Röntgenbereich gezielt kontrollieren und diese gegenüber der Lichtgeschwindigkeit um den Faktor 10.000 verlangsamen.

Kernstück des Experiments ist eine am DESY hergestellte Dünnschicht-Probe aus Eisenatomen, eingebettet zwischen ebenfalls nur wenige Nanometer dünnen Schichten, die die Röntgenstrahlung reflektieren. Diese werden im flachen Winkel mit Röntgenlicht bestrahlt und das reflektierte Licht gemessen. Dabei wird die Frequenz des Röntgenlichts so gewählt, dass Eisen-Atomkerne in Resonanz mit der Röntgenstrahlung kommen. Die starke Verlangsamung des Lichts konnte erreicht werden, indem die einzelnen zum Röntgenpuls beitragenden Wellen durch die Wechselwirkung mit den Eisenkernen geeignet gegeneinander verzögert wurden. Zur Detektion des verlangsamten Lichts nutzten die Physiker trickreich die Eigenschaft der Eisenprobe, bei resonanter Streuung die Polarisation des Röntgenlichtes zu drehen. Allerdings erfordert die Technik ein außergewöhnlich leistungsfähiges Polarimeter. Dieses ist an der Universität Jena entwickelt worden. Das Instrument erlaubt, den ungewünschten nicht-resonanten Anteil um acht Größenordnungen zu unterdrücken. Dies hat den verlangsamten Röntgen-Puls erst zugänglich gemacht.

Die hohe Unterdrückung der unerwünschten Polarisationskomponente wurde mit Hilfe speziell geschnittener Siliziumkristalle erreicht, in denen das Röntgenlicht mehrere Male unter einem Winkel von fast genau 45 Grad reflektiert wird. Die Bearbeitung der Kristalloberflächen und die stabile Halterung der Kristalle im Bereich von zehntausendstel Grad spielt eine zentrale Rolle bei der Realisierung einer hohen Polarisationsreinheit. Die Jenaer Gruppe um Prof. Dr. Gerhard G. Paulus und Dr. Ingo Uschmann konnte mit dieser Methode bereits die Unterdrückung einer Polarisationskomponente von fast zehn Größenordnungen nachweisen – ein Wert, der auch im sichtbaren Licht ohne Beispiel ist.

Mit Hilfe des „langsamen“ Röntgenlichtes wird seine Wechselwirkung mit den Eisenkernen effektiv erhöht. Damit hoffen die Wissenschaftler, einen Zugang zu nichtlinearer Wechselwirkung im Röntgenbereich zu gewinnen, die bisher nicht beobachtet werden konnte.





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