„Genug ist nicht genug!“: Flüchtlingsschwemme in die EU trifft auch Jena stärker als gedacht – BM Schenker wünscht sich mehr Unterstützung durch den Freistaat
(JEZT / CLAUDIA HÜBNER) – Mit den Worten „Jena hat ein Problem, mit dem wir nicht wirklich gerechnet haben.“ beschrieb Bürgermeister Frank Schenker am vergangenen Mittwoch vor der Presse die Situation, dass die Stadt Jena ab sofort monatlich 60 % mehr Flüchtlinge aufzunehmen hat als bisher.
Hierdurch verschärft sich die ohnehin bereits dramatische Situation der Unterbringung von Flüchtlingen, da unsere Stadt weiterhin nicht ausreichend Unterkünfte bereit stellen kann. Die Schreckensvision einer Zeltstadt auf dem Gries ist somit gar nicht mehr so fern und Schenker unterstützte diese Sichtweise mit den Worten, man müsse sich darauf vorbereiten, „unkonventionell zu denken“, sagte er am Mittwoch. „Selbst das, was nicht populär ist“, fügte der Bürgermeister und Sozialdezernent an.
Waren es bislang bereits 50 Flüchtliche pro Monat, die Jena unterzubringen hat, so teilte das Thüringer Landesverwaltungsamt in Weimar nun der Verwaltungsspitze mit, ab sofort müssten in Jena monatlich 80 Flüchtlinge untergebracht werden. Das ergibt eine Gesamtzahl von mehr als 900 Personen im Laufe eines Jahres. Der Grund für die erhöhte Zuteilung ist die Tatsache, dass dem Freistaaat selbst entsprechend des Schlüssels für die Bundesländer wesentlich mehr Personen zugeteilt werden als bisher und zwar weil eben viel mehr in Deutschland ankommen, als zuvor prognostiziert.
Indes ist das Handlungsspektrum der Stadt in dieser Angelegenheit begrenzt. Bis an ihre Kapazitätsgrenze ausgelastet ist die neue Flüchtlingsunterkunft in Lobeda, in der zur Zeit rund 80 Flüchtlinge leben. Noch im Bau (und damit im Moment nicht nutzbar) sind weitere Unterkünfte in Lobeda und Winzerla, umgebaut wird ein Gebäude in Jena-Nord und eines in der Saabahnhofstraße.
Am Mittwoch Abend tagten Oberbürgermeister Dr. Albrecht Schröter und seine drei Beigeordneten und gestern befasste sich eine neu gebildete Strategie-Gruppe der Verwaltung mit dem Thema. Innerhalb der nächsten Woche soll dann eine große Runde unter Einbeziehung von Vertretern der Zivilgesellschaft, von Vereinen und Institutionen folgen, wobei Topthema die Unterkunftsfrage ist. Die Fragen werden sein: können Ideen über Einzel-Unterbringung erfolgreich umgesetzt werden und wie geht es bei den Gemeinschaftsunterkünften weiter. Für letztere hatte die Stadt Jena bereits etwa 4,2 Millionen Euro zur Verfügung gestellt: viel zu wenig, wie sich nun herausstellt, um der Lage Herr zu werden.
Barbara Wolf, Jenas Fachdienstleiterin Soziales, sagte, dass neben dem Wohnraum auch die ärztliche und medizinische Versorgung der Flüchtlinge vorrangig sei, zudem die Betreuung der Flüchtlinge in Jena durch qualifizierte Sozialarbeiter. Dies sei nicht nur eine Frage des Geldes sondern auch der Besetzung der Stellen, da Ärzte, Schwestern und Sozialarbeiter derzeit landesweit händeringend gesucht werden. Auch Probleme, die sich aus der Altersstruktur der Flüchtlinge ergeben, müsste gelöst werden, sagte Wolf. Derzeit sind in Jena 581 Personen asylsuchend (hiervon etwa 44 Prozent weiblich und 56 Prozent männlich), wobei es sich um 94 Kinder unter sechs Jahren, 120 Kinder und Jugendliche im Alter von sechs bis 18 Jahren und 121 Personen von 18 bis 27 Jahren handelt. Insgesamt 246 Menschen sind älter als 27 Jahre.
BM Frank Schenker ergänzte diese Angaben in der Pressekonferenz und sagte, dass es zwar bei Schule- und Kindergärtenplätzen ausreichend Plätze geben würde, allerdings die jungen Männer eine Gruppe darstellen würden, die man besonders beachte. „Ab September wird ein erster berufsvorbereitender Kurs für Flüchtlinge in der Berufsschule Göschwitz beginnen“, sagte er, betonte jedoch, dass dieser Kurs natürlich nur dann Sinn machen würde, wenn die betreffenden Flüchtlinge bereits Bleiberecht besitzen. Deshalb appellierte Schenker an die Landesregierung „die Kapazitäten der Erstaufnahmeeinrichtungen dringend zu erhöhen“. Denn wenn von vornherein klar sei, dass Flüchtlinge aus bestimmten Ländern kein Bleiberecht erhalten könnten, dann dürften diese auch nicht auf Kommunen wie die Stadt Jena verteilt werden.
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