„Ein Sieg nicht nur für Jena sondern auch für Volcan Uluc“: Der FCC schafft die Sensation und wirft den Hamburger SV aus dem DFB-Pokal!
(JEZT / FCC) – Die ARD Sportschau hob sich den „Hammer“ bis ganz zum Ende auf: Wer das Spiel des FC Carl Zeiss Jena gegen den Hamburger SV nacherleben wollte, der musste ganze 70 Minuten warten. Dann aber sah er es mit eigenen Augen: Mit 3:2 nach Verlängerung besiegte der FCC den Bundesligisten Hamburger SV mehr als verdient und sicherte sich damit den Einzug in die 2. Hauptrunde des diesjährigen bundesdeutschen Pokalwettbewerbs…und 238.000 Euro vom DFB noch gleich mit dazu.
Trainer Volkan Uluc schickte exakt die erste Elf auf den Platz, die zum Regionalligaauftakt in Auerbach beim 3:0-Erfolg mit tollem Fußball begeisterte. Der in der Liga rotgesperrte Marcel Bär ersetzte dabei im Vergleich zum Ligaspiel gegen Schönberg am Mittwoch wieder Dominik Bock auf der rechten Mittelfeldseite. Im mit dank Zusatztribüne auf 13.800 Zuschauer vergrößerten und seit Wochen restlos ausverkauften Ernst-Abbe-Sportfeld wurde vor Anpfiff Sören Eismann bei der von der Ostthüringer Zeitung und dem Supporters Club des FCC durchgeführten Wahl als Spieler der Saison 2014/2015 geehrt. Er setzte sich am Ende der Abstimmung recht klar vor Velimir Jovanovic und René Eckardt durch. Weiterhin wurde bekanntgegeben, dass Torhüter Raphael Koczor seinen Vertrag um ein weiteres Jahr bis Sommer 2017 verlängert hat.
Der FC Carl Zeiss Jena zeigte gleich zu Beginn, dass er für einen echten Pokalfight gerüstet ist. Ab der ersten Minute von den Fans phantastisch nach vorne getrieben, erarbeitete er sich folglich bereits nach 5 Minuten den ersten Eckball. Diesen – von Bär getreten – beförderte Gerlach noch über den Kasten von Adler. Und der FCC blieb am Drücker und dominierte die Anfangsphase. Nach einem Halten von Spahic an Eckardt, für das der Hamburger Innenverteidiger von Schiedsrichter Frank Willenborg aus Osnabrück die erste gelbe Karte der Partie sah, ergab sich für unseren FCC eine Freistoßmöglichkeit aus 35 Metern. Maximilian Schlegel und Robin Krauße liefen über den Ball, Justin Gerlach nahm mit seinem starken linken Fuß Maß und versenkte die Kugel mit Hilfe des Innenpfostens unhaltbar für René Adler im rechten unteren Eck. Das Paradies brodelte! (15.)
Den Hansestädtern, die bei Sonnenschein und hochsommerlichen Temperaturen von fast 30 Grad in den sicher nicht gerade angenehm zu tragenden schwarzen Auswärtstrikots antraten, fanden auch in der Folgezeit kaum statt. Bis zur Trinkpause in Minute 25 erarbeitete sich der Hamburger SV nicht eine Torchance. Folglich schickte Bruno Labbadia seine Ersatzspieler auch bereits nach Ende der Trinkpause zur Erwärmung. Erst ein relativ kapitaler Fehlpass von Filip Krstic per Kopf – er wollte auf Koczor zurücklegen – brachte Lewis Holtby erstmals für den HSV in aussichtsreiche Schussposition. Doch Justin Gerlach konnte die Situation bereinigen. Bei der anschließenden Flanke von Ilicevic hatte Raphael Koczor seine Hand noch am Ball (32.). Manfred Starke klärte eine Zeigerumdrehung später den Kopfball von Spahic im Anschluss an einen Freistoß von der rechten Seite auf der Linie (33.).
Der HSV kam nun erstmals insgesamt etwas besser in die Partie. Sakais Rechtsschuss klärte Koczor in Minute 36 zur Ecke, die nichts einbrachte. Der nun defensiv ordentlich geforderte FCC setzte in der Offensive allerdings immer wieder Nadelstiche in Form schneller Konter. Die bis dato beste Tormöglichkeit für die Gäste aus Hamburg hatte Ivo Ilicevic zwei Minuten vor dem Halbzeitpfiff nach einer Flanke von der rechten Seite durch Gotoku Sakai. Der Kopfball des Hamburger Angreifers ging hierbei nur knapp am rechten Pfosten vorbei (43.). Bezeichnend für die insgesamt enttäuschende Leistung des HSV in Spielhälfte eins war ein Freistoß von Marcelo Diaz kurz vor der Halbzeit, der an Freund und Feind vorbei im Toraus landete. Und so brachte unser FCC die verdiente 1:0-Führung in die Pause und konnte sich nach kämpferisch und läuferisch intensiven ersten 45 Minuten erst einmal wieder sammeln.
Personell unverändert ging es für beide Teams in heiße zweite 45 Minuten. Bereits 90 Sekunden nach Wiederanpfiff hatte Maximilian Schlegel die nächste Torchance für unseren FCC. Nach klasse Balleroberung durch Krauße landet der Ball über Jovanovic auf der linken Seite bei Schlegel, dessen gut getimte Flanke Bär auf der rechten Seite direkt abnahm, aber recht deutlich verzog (47.). Erst eine mehr als kapitale Fehlentscheidung von Schiedsrichterassistent Franz Bokop brachte den HSV wieder in die Partie. Ilicevic trieb den Ball über die linke Seite nach vorne. Der Ball überquert die Grundlinie klar und deutlich um rund einen halben Meter. Raphael Koczor und seine Abwehrkollegen beendeten bereits ihr aktives Mitwirken. In der Mitte schiebt Ivica Olic demnach vollkommen unbedrängt ein – und zum Entsetzen aller FCC-Fans verwehrt das Unparteiischentrio dem Treffer nicht die Anerkennung. Eine nahezu skandalöse Entscheidung. Wütende Proteste der FCC-Spieler brachten nichts. Hamburg kam zum Ausgleich und weiß selbst nicht warum (49).
Unser FCCschüttelte sich kurz und kam dann einer Flanke von Krstic von links zur nächsten Möglichkeit. Adler kann gegen Bär den Ball nicht behaupten. Kraußes Schuss wird geblockt und auch Starke bekommt das Spielgerät nicht gefährlich aufs Tor (57.). Eine Minute später war es dann soweit: Über Schlegel wurde der Ball von der linken Seite mustergültig nach innen geflankt. Starke rutscht in der Mitte noch am Ball vorbei, doch hinter ihm steht Jovanovic und verwandelt nicht nur sicher sondern das Ernst-Abbe-Sportfeld an diesem Nachmittag auch zum zweiten Mal in ein Tollhaus (58.)! Der FCC kämpfte und biss und so konnte Filip Krstic einen Schussversuch des eingewechselten Schipplock zur Ecke klären, die nichts einbrachte (68.). Von Krämpfen geplagt verließ Marcel Bär knapp 20 Minuten vor dem Ende den Platz. Für ihn kam Mergim Vojvoda in die Partie (68.). Die kurz danach anstehende zweite Trinkpause der Partie nutzten beide Teams noch einmal, um Wasser und Kraft für die letzten 20 Minuten der regulären Spielzeit zu tanken. Gerade unser FCC hatte dies aufgrund einer wahnsinnig intensiven Vorstellung dringend nötig. Rund 15 Minuten vor Ende der regulären Spielzeit kam der Wasserwerfer der Polizei im Gästeblock zum Einsatz. Nicht jedoch, um etwa gewalttätige Fans zurückzudrängen, sondern um den Fans eine kleine Abkühlung zu spendieren. Zuvor hatte ein Hamburger Fan aufgrund der drückenden Hitze bereits einen Kreislaufzusammenbruch erlitten.
Fünf Minuten vor dem Schlusspfiff stockte den FCC-Fans nochmal der Atem. Nach einem Freistoß von Diaz landet der Ball mit Zwischenstation bei Schipplock, der die Kugel an die Querlatte beförderte, von wo aus das Spielgerät ins Aus sprang. Durchatmen! (85.) Glück muss man sich eben erarbeiten, denn eines wäre der Ausgleich jedenfalls nicht gewesen: Verdient. Unter Standing Ovations verließ Velimir Jovanovic nach 88 Minuten den Platz. Was er gelaufen ist, wie viele Zweikämpfe er gegen den gefühlt einen Meter größeren Spahic gewonnen hat – Wahnsinn! Das Abwehrbollwerk unseres FCC stand und wenn doch mal ein Ball durchging, war ja Raphael Koczor noch zur Stelle. So nach einem Kopfball von Gregoritsch im Anschluss an einen Eckball von Diaz in der Nachspielzeit. Die letzte Szene der regulären Spielzeit in der gefühlt fünften Minute der Nachspielzeit: Ein Eckball von Ilicevic landet beim aufgerückten Hamburger Torhüter Adler, Krstic kann den Ball nicht klären und so vollendet schließlich der eingewechselte Gregoritsch aus Nahdistanz zum unglaublich glücklichen und mehr als schmeichelhaften Ausgleich (90. +2). Einfach unglaublich ungerecht!
Verlängerung. Eine enorme zusätzliche körperliche Belastung für die unterklassige Jenaer Elf, die schon in den ersten 90 Minuten weit über ihre eigentlichen Grenzen gegangen ist. Hamburg hingegen glänzte eher mit Standfußball und sollte daher auf dem Papier noch mehr zuzusetzen haben. Denkste. Unsere Spieler bissen weiter und die erste Halbzeit der Overtime war ausgeglichen. Der eingewechselte Maximilian Wolfram hat für unseren FCC im Anschluss an einen langen Einwurf von Filip Krstic sogar die Schusschance auf rechts. Er verzog aber recht deutlich (98.). Pieles Schuss von der Strafraumkante 180 Sekunden später konnte im letzten Moment geblockt werden. Sein Kopfball wenige Sekunden später ging drüber (102.). Vom Hamburger SV war weiterhin nicht viel zu sehen. Man hatte stellenweise das Gefühl, der klar favoritisierte Bundesligist wolle sich ins Elfmeterschießen retten. Keine Überraschung war demgemäß auch, dass in den ersten 15 Minuten der Verlängerung keine weiteren Tore fielen.
Mit einer bis weithin hörbaren Anfeuerung gingen unsere Spieler aus dem Kreis und in die 2. Halbzeit der Extra-Time. Es waren keine 60 weiteren Sekunden gespielt. Einwurf von der linken Seite. Filip Krstic warf den Ball weit, Johannes Pieles stieg in der Mitte hoch wie Hamburgs Legende Uwe Seeler und köpfte den klasse Einwurf direkt und mustergültig ins rechte Toreck. Keine Abwehrchance für René Adler (116.). Die Stimmung im Ernst-Abbe-Sportfeld stieg noch einmal an, auch wenn das eigentlich gar nicht mehr ging. Das Paradies kochte. Irgendwann muss dieser Hamburger SV doch mal genug haben! Dieser dritte Stich in das Herz des Bundesliga-Dinos musste doch reichen!
Fünf Minuten vor dem Ende der Verlängerung krümmten sich René Eckardt und Sören Eismann von Krämpfen geplagt auf dem Rasen. Wer dachte, der Hamburger SV praktiziert in dieser Szene das hochgelobte Fair Play, hatte sich getäuscht. Erst als unser FCC das Spielgerät erobern konnte, wurde die Partie unterbrochen, weil Justin Gerlach die Kugel ins Seitenaus schlug. Unsere Spieler und Fans gaben noch einmal alles und bildeten eine unglaubliche Einheit! Nach Flanke von Wolfram hatte Pieles per Kopf sogar die Chance zum 3:2, doch er konnte den Ball nicht mehr exakt platzieren (120. + 1). Und dann hatte der Unparteiische endlich ein Einsehen. Schlusspfiff – das Ernst-Abbe-Sportfeld kochte über! Die anschließende Ehrenrunde hatten sich unsere Spieler zu 1903 Prozent verdient. Auch wenn sie eigentlich platt waren, wie das Blatt Papier, auf dem sich die Aufstellung des eigentlich übermächtigen HSV befand. Das alles zählt nichts, wenn jeder über seine Grenzen geht. Dann sind auch historische Erfolge wie heute möglich!
Fotos: ARD Sportschau
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