„25 Jahre Deutsche Einheit (Teil 4)“: Der Abschluss des großen Ost/West-Vergleichs
(JEZT / BERLIN-INSTITUT) – In knapp zwei Monaten ist es soweit: Wir feiern 25 Jahre Deutsche Einheit. Jetzt veröffentlichte das Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung eine repräsentative Studie, wie weit das einst geteilte Deutschland zusammengewachsen ist. Fazit: Auch nach einem Vierteljahrhundert gibt es noch viele Unterschiede zwischen Ost und West. Aber eines der Ergebnisse ist glänzend für unsere Region: Jena ist die einzige Großstadt Ostdeutschlands in der Top-20-Liste aufstrebender Städte.
„Im 25. Jahr der Einheit zeichnet sich überall ziemlich exakt die alte Grenze ab“, sagt Reiner Klingholz vom Berlin-Institut Bevölkerung und Entwicklung.Frauen: 73 Prozent der Frauen in Deutschland gingen im Jahr 2014 arbeiten. Das war zu DDR-Zeiten anders: 1989 waren 78 Prozent der Frauen im erwerbsfähigen Alter berufstätig – in der Bundesrepublik sahen sich noch 1988 etwa 40 Prozent der Frauen im erwerbstätigen Alter als „Hausfrauen“. Diesen Begriff gab es in der DDR nicht. Es galt das Leitbild der „werktätigen Mutter“, die arbeitet und sich um Kinder und Haushalt kümmert. Der Staat unterstützte die Frauen unter anderem mit Betreuungsangeboten. Der Westen hat sich in den vergangen Jahren vom „Hausfrauen“-Modell wegbewegt – und sich dem der DDR angenähert, heißt es in der Studie. Das Betreuungsangebot für Kleinkinder ist allerdings im Westen immer noch nicht so gut wie im Osten. In den alten Ländern geht nur gut jedes vierte Kind unter drei Jahren in die Kita, im Osten mehr als jedes zweite Kind.
Arbeit: Die Arbeitslosenquote ist im Osten immer noch höher als im Westen. Doch der Osten holt seit 2005 auf, die Schere schließt sich langsam. Das liegt unter anderem daran, dass der Bevölkerungsrückgang im Osten die Arbeitslosigkeit sinken lässt. Zudem ziehen junge und gut ausgebildete Menschen oft für einen Arbeitsplatz in den Westen. Und während die Zahl der Erwerbstätigen zwischen 2005 und 2013 im Westen um acht Prozent zulegte, waren es im Osten nur rund drei Prozent. Das marode Wirtschaftssystem der DDR ist hier immer noch für Spätfolgen verantwortlich.
Autos: Die Studie stellt einen Vergleich zwischen BMW und Skoda an. Das Ergebnis erstaunt wenig: In den fünf neuen Bundesländern fahren mehr Menschen Skoda als BMW. In den alten Bundesländern liegt BMW klar vor Skoda. Insgesamt fahren Westdeutsche fast doppelt so häufig BMW wie Ostdeutsche. Vor allem in Mecklenburg-Vorpommern, aber auch in den übrigen Ost-Bundesländern werden preiswerte japanische und koreanische Marken wie Hyundai, Mazda, Mitsubishi und Nissan gekauft.
Alkohol: Bier wird in Ost und West gern getrunken, wenn auch nicht mehr so viel wie früher. Traditionell wird im Westen mehr Wein getrunken als im Osten – die Anbaugebiete liegen vor allem im Südwesten. In den neuen Bundesländern hat sich das Schnapstrinken gehalten, vor allem bei älteren Menschen. In der Mangelwirtschaft der DDR gab es meist Schnaps, sonst konnte er relativ leicht selbst gebrannt werden. Von 1950 bis 1989 stieg der Schnapskonsum in der DDR von 1,3 Litern auf mehr als 15 Liter pro Einwohner und Jahr. Die Folge: 1990 gab es im Osten deutlich mehr alkoholbedingte Sterbefälle. Heute haben wir ein ähnliches Bild. Relativ gesehen sterben die meisten Menschen durch Alkoholmissbrauch in den neuen Bundesländern. Hinzu kommt: Ostdeutsche Jugendliche rauchen häufiger als westdeutsche. Jedoch nimmt die Attraktivität von Tabak im ganzen Land ab.
Religion: Der Marxismus-Leninismus verdammte Religionen als „Opium fürs Volk“. Davon ist auch im heutigen Ostdeutschland viel zu spüren: Mehr als drei Viertel der Menschen gehören keiner Religion an. Weniger Menschen sind Mitglieder einer Kirche als zur Zeit des Mauerfalls. Parallel dazu nahm der Rückzug des Christentums auch im Westen seit den 80er Jahren an Fahrt auf. Der Mitgliedereinbruch hat viele Ursachen. So lassen zum Beispiel weniger Eltern ihre Kinder taufen.
Verdienst: Die Menschen im Westen verdienen immer noch mehr als die im Osten. Doch seit der Einheit geht es bergauf. Die Studie spricht hier von einer „mühsamen Annäherung“. 1991 lagen die Ostdeutschen im Schnitt bei nur 58 Prozent des deutschen Durchschnittseinkommens. Heute liegen sie im Osten bei 86 Prozent. Das Bruttomonatsgehalt liegt in den neuen Ländern bei 2800 Euro. Von den 500 reichsten Deutschen wohnen nur 20 östlich der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze – davon 14 in der Hauptstadt Berlin, zumeist im Westteil der Stadt. Allerdings sind die Ostdeutschen heute wesentlich wohlhabender als die Menschen in den anderen Staaten des ehemaligen Ostblocks, wie aus der Studie hervorgeht.
An dieser Stelle kann man sich die Studie kostenlos als PDF herunterladen! – Lesen Sie HIER Teil 1 unserer Serie “25 Jahre Deutsche Einheit”, DA Teil 2 und DORT Teil 3.
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