„25 Jahre 2+4-Vertrag“: Die Verdienste von Hans-Dietrich Genscher (Teil 2)

13.09.15 • JEZT AKTUELL, POLITIK & URBANES LEBEN, STARTKeine Kommentare zu „25 Jahre 2+4-Vertrag“: Die Verdienste von Hans-Dietrich Genscher (Teil 2)

Christian Lindner wuerdigt Hans-Dietrich Genscher - Foto © FDP

Christian Lindner würdigt Hans-Dietrich Genscher – Foto © FDP

[LESEN SIE HIER TEIL 1 DES BERICHTS!] – FDP-Chef Christian Lindner würdigte Hans-Dietrich Genscher Verdienste um den „2+4 Vertrag“, der vor genau 25 Jahren geschlossen wurde. Er sagte, Genscher habe stets auf die freie und friedliche Wiedervereinigung in einem geeinten Europa hingearbeitet. Mit seinem „neuen Denken“ habe Genscher Weltgeschichte geschrieben. „Der von Ihnen verhandelte 2+4-Vertrag, mit dem sich die beiden deutschen Staaten und die ihre ehemaligen Besatzungsmächte schon in der Namensgebung – eine geniale Schöpfung – auf Augenhöhe begegnet sind, war Ergebnis und zugleich Höhepunkt Ihrer Diplomatie. Ihre Unterschrift steht hier hinter mir groß an der Wand. Denn Sie haben nicht nur symbolisch den Vertrag mit Ihrer Handschrift geprägt, sondern auch Weltgeschichte geschrieben.“

Lindner vergaß nicht, auch die Verdienste von Willy Brandt, Egon Bahr, Helmut Schmidt und Helmut Kohl hervor zu heben. „Aber ohne die Beharrlichkeit Genschers, dem Entgifter der Ost-West-Beziehungen, würden wir alle heute hier nicht stehen“, ist Linder überzeugt. Er warf damit einen Blick in das Hier und jetzt und in die Zukunft: „Die nächsten Jahre und vielleicht Jahrzehnte werden durch die Bewältigung von Krisen geprägt sein. Umso mehr kommt es darauf an, die Lehren der Geschichte zu ziehen.“ Das Jubiläum sei Anlass und Gelegenheit, die liberalen Prinzipien zu unterstreichen.

Eine davon lautet: „Wir orientieren uns am einzelnen Menschen und an seinem Recht, im Hier und Jetzt seinen Weg zum Glück zu suchen. Deshalb ist der Einsatz für Menschen und Bürgerrechte für uns keine Nebentätigkeit, sondern Zweck an sich.“ Der Einsatz der FDP für die Selbstbestimmung des Einzelnen in der Gesellschaft und der Engagement für die Vereinten Nationen und das Selbstbestimmungsrecht der Völker gehören für Lindner untrennbar zusammen. Mit Blick nicht nur auf die Flüchtlingskrise führt der FDP-Chef aus: „Gerade in diesen Tagen wird uns vor Augen geführt, dass es auch auf unserem Kontinent nach wie vor Interessenkonflikte gibt, die mitunter hart aufeinander prallen.“ Es sei ein unschätzbarer zivilisatorischer Fortschritt, dass diese nicht „auf den Schlachtfeldern, sondern in Sitzungssälen ausgetragen werden.“

An die Europäische Union gerichtet, mahnt er: „Wenn Europa Zukunft haben will, darf es keine Schönwetterunion sein, in der jeder seinen Vorteil sucht.“ Es müsse und könne sich gerade in diesen Tagen „erstens an der fairen und solidarischen Verteilung auch von Lasten und zweitens der Achtung vor gemeinsam verabredeten Regeln bewähren.“ Europa müsse jetzt Handlungsfähigkeit beweisen. An mehr Gemeinsamkeit in der Europäischen Innenpolitik in Form eines europäischen Asylrechts und einer fairen Lastenverteilung gehe kein Weg vorbei. „Wenn nicht alle mitziehen wollen, müssen diejenigen EU-Mitglieder, die dazu bereit sind, vorangehen.“

Lindner sieht auch hier Deutschland in der Verantwortung. Nicht zuletzt die Äußerungen des früheren polnischen Außenministers Radek Sikorski hätten gezeigt, dass Vertrauen und die Erwartungen an Deutschland gleichermaßen gewachsen sind. „Es ist Chance und Herausforderung zugleich, diese Art der Führung zu gestalten“, so Lindner. Dank Genscher wüssten die Bürger, dass Deutschland das Vertrauen seiner Freunde und Verbündeten braucht. „Eine Führung auf eigene Faust wäre zum Scheitern verurteilt“, ist der FDP-Chef sicher. „Nur als ‚Leaders in Partnership‘ in Europa“ und darüber hinaus könne deutsche Politik erfolgreich sein. „Deswegen denkt unsere Außenpolitik seit Hans-Dietrich Genscher immer Europa mit.“

Hans-Dietrich Genscher, der die deutsche Nachkriegsgeschichte so umfassend miterlebt und gestaltet hat, wie wohl kein anderer, schlug zum Abschluss der Veranstaltung einen weiten Bogen zurück und erzählte, warum die Freien Demokraten in europäischen Dimensionen denken. Er zitiert einen Engländer. Der habe wenige Wochen nach dem Ende des 2. Weltkrieges etwas Wichtiges gesagt: „Die Deutschen sind nicht dazu da, Europa und ihre Nachbarn zu beherrschen, sondern dazu, als grösstes Land in der Mitte Europas, dem Land mit den meisten Nachbarn, all den Völkern um sich herum verständlich zu machen, dass sie nur gemeinsam eine Chance für die Zukunft haben.“ Er ist der festen Überzeugung, dass es ein geeintes Deutschland ohne ein geeintes Europa nie gegeben hätte.

Für Genscher ist dies eine Mahnung an die heutige Zeit und den Problemen, mit denen Deutschland und Europa zu kämpfen haben – er spricht über Russland, über Flüchtlinge und Europa. Sein Plädoyer: Eine globalisierte Welt braucht eine Weltnachbarschaftsordnung, die auf ein Miteinander voller Respekt setzt, statt auf Abgrenzung und Egoismus. Er ist sicher: „Uns wird es auf Dauer nicht gut gehen, wenn es unseren Nachbarn auf Dauer schlecht geht.“

Er mahnte neue internationale Anstrengungen zur kompletten Abschaffung von Atomwaffen an: „Macht endlich Schluss mit den Atomwaffen“, sagte Genscher bei der Feier der FDP zum 25-jährigen Bestehen des 2+4-Vertrags zur deutschen Einheit. „Es wird immer schwerer zu verhindern, dass diese Waffen in fremde Hände geraten. Noch ist Zeit, aber nicht mehr lange.“





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