Goethe als Glücksfall für die FSU Jena: Historiker der Jenaer Uni geben neuen Quellenband über die bewegte Zeit ihrer Universität heraus

07.05.16 • JEZT AKTUELL, KULTUR & BILDUNG, START, UNSER JENA, WISSENSCHAFT, MEDIZIN & TECHNIKKeine Kommentare zu Goethe als Glücksfall für die FSU Jena: Historiker der Jenaer Uni geben neuen Quellenband über die bewegte Zeit ihrer Universität heraus

 

JEZT - Johann Wolfgang von Goethe - Ausschnitta us einem Gemälde von Tischbein - Städel-Museum in Frankfurt am Main - Abbildung © MediaPool Jena

Johann Wolfgang von Goethe – Ausschnitt aus einem Gemälde von Tischbein – Städel-Museum in Frankfurt am Main – Abbildung © MediaPool Jena

(JEZT / FSU) – „Eine teutsche Hochschule ist eine gemeinsame Anstalt teutschen Volkes für den Zweck der gesammten vaterländischen Bildung überhaupt und für den Zweck der höhern wissenschaftlichen Ausbildung der Gelehrten ins Besondere.“ – So beginnt die Einleitung der Verfassungsurkunde der Teutschen Burschenschaft zu Jena vom 21. Juni 1819. Das Dokument regelte u. a. den Ablauf von Duellen oder besser die „Verletzung der Ehre und deren Ausgleichung“ und schon deshalb sollte es der Öffentlichkeit nicht zugänglich sein. Veröffentlicht wurde die Verfassungsurkunde in der Quellenedition „Statuten und Reformkonzepte für die Universität Jena von 1816 bis 1829“, die Joachim Bauer, Gerhard Müller und Thomas Pester in der Reihe „Quellen und Beiträge zur Geschichte der Universität Jena“ jetzt herausgegeben haben. Wie der Leiter des Jenaer Universitätsarchivs Prof. Dr. Joachim Bauer sagt, dokumentiert der Quellenband eine äußerst bewegte Zeit für die Jenaer Universität, eine Zeit politischer Umbrüche und finanzieller Not, in der sogar das Ende der Salana im Raum stand.

„Im Kern ging es darum, die Universität als Institution in die Moderne zu führen“, sagt Joachim Bauer. Dafür sei eine „Radicalheilung“ notwendig gewesen, so formulierte es der Staatsminister Ernst Christian August Freiherr von Gersdorff im Februar 1816 in einem Vortrag für Großherzog Carl August. Eine „Palliativcur“ wie bisher genüge nicht mehr. Der Großherzog verstand seinen Minister und stellte die richtigen Weichen.

JEZT - Büste des Johann Wolfgang von GoetheWie Joachim Bauer erläutert, war es besonders der Geheime Rat Johann Wolfgang von Goethe, der für den neuerlichen Aufschwung der ehrwürdigen Universität verantwortlich zeichnete. Unter Goethes Regie wurden der Botanische Garten angelegt und die Anatomische wie die Mineralogische Sammlung als Forschungseinrichtungen etabliert. Das Goethe‘sche Memorandum über seine Oberaufsicht von 1817, ebenfalls ediert im vorliegenden Band, zeugt davon. Außerdem sorgte Goethe für eine Reorganisation der Universitätsbibliothek, für die er seit 1817 verantwortlich war. Der vom zuständigen Bibliothekar Georg Gottlieb Güldenapfel vorgelegte Generalbericht über die Bibliotheksreform von 1817-24 galt infolge der Kriegsereignisse seit 1945 als verschollen. Archivrecherchen haben eine zweite Ausfertigung zutage gebracht, die nun aufgenommen werden konnte. Zur Universitätsreform gehörte auch eine solide finanzielle Ausstattung der Hochschule, getragen nunmehr von den Erhaltern in Weimar und Gotha. Bis dahin waren vier ernestinische Fürstenhöfe für die Jenaer Universität aufgekommen. Geregelt wurde alles 1817 per Staatsvertrag.

Die politisch aufgeladene Situation zwischen Wiener Kongreß, Wartburgfest und Karlsbader Beschlüssen dokumentieren die Vorträge bzw. Denkschriften
der beiden Weimarer Reformminister, Ernst Christian August Freiherr von Gersdorff (1816) und Christian Wilhelm Schweitzer (1818). Letzterer war bis 1818 nicht nur als Professor in Jena tätig, sondern auch maßgeblich an der Erarbeitung der Verfassung des Weimarer Großherzogtums von 1816 beteiligt. Die erstmals veröffentlichten beiden neuen Universitätsstatuten von 1821 und 1829, die auch als Zeitdokumente die politischen Umbrüche im frühen 19. Jahrhundert spiegeln, bilden den Kern des Bandes. Sie lösen die alten Statuten des 16. Jahrhunderts ab und geben der im Umbruch befindlichen Salana eine neue rechtliche Grundlage.

Der neue Quellenband dokumentiert das Ringen um den Fortbestand der Alma Mater Jenensis in bewegter Zeit anhand zahlreicher bisher unveröffentlichter Dokumente und Schriftstücke. Das Buch zeigt, wie es gelang, der Universität Jena eine Zukunftsperspektive zu verschaffen. Ein zeitloses Unterfangen.





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