Der 284. bis 290. Verhandlungstag im Münchner „NSU“-Prozess
Zusammengefasst und kommentiert aus Pressemeldungen:
31.05./01.06./02.06.2016: Der 284. bis 286. Verhandlungstag
Viele Jahre lang zog es Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt auf einen ganz bestimmten Campingplatz auf der Ostseeinsel Fehmarn. Eine der Urlaubsreisen griff sich das Gericht an Tag 284 im Münchner „NSU“-Prozess heraus: Auf Fotos aus dem Jahre 2004 sehen alle die „NSU“-Terroristen glücklich und vertraut aus. Dies obwohl die beiden Männer kurz zuvor den Kölner Nagelbombenanschlag von 2004 verübt hatten. Begleitend hierzu hatte die Hauptangeklagte in ihrer Aussage vom Dezember 2015 mitgeteilt, sie sei seinerzeit „entsetzt“ gewesen, nachdem ihre Komplizen ihr „von der schrecklichen Tat“ erzählt hatten. Vor dem Oberlandesgericht erscheinen zwei Ermittler des BKA, deren Aufgabe es gewesen war, sämtliche Indizien zum Sommerurlaub 2004 zu sammeln und die über den damaligen Aufenthalt des Trios in Schleswig-Holstein Auskunft gaben. An Tag 285 im „NSU“-Prozess kamen der Vermieter eines Wohnwagens und ein Polizist als Zeugen zu Wort. Hierbei ging es u. a. um den 5. Juli 2001; das ist der Tag, an dem Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt eine Sparkasse in Zwickau überfallen hatten.
Tag 286 brachte die Zeugenaussagen von gleich zwei Beamten des Bundeskriminalamts, die Aussagen des Mitangeklagten Carsten Sch#ltz# zu Protokoll gaben. Zwar hatte sich die Strafkammer mit ihm bereits umfassend befasst (u. a. hatte Sch#ltze# zu Prozessbeginn umfassend ausgesagt und eingeräumt, dem „NSU“ eine Waffe überbracht zu haben – wahrscheinlich jene Ceska, mit der neun Menschen erschossen wurden), jedoch sind seine Aussagen deswegen noch einmal relevant geworden, weil der ebenfalls mit angeklagte Ralf Wohlleben diese in seiner eigenen Aussage vom vergangenen November erheblich in Zweifel gezogen hatte. Wohlleben bestritt u. a. , Ssch#ltz# mit dem Transport beauftragt zu haben. Das Gericht hat deshalb zu prüfen, wie glaubwürdig Ralf Wohllebens späte Einlassung ist.
07.06./08.06.2016: Der 287. und 288. Verhandlungstag
Das Oberlandesgericht München hatte sich an den Prozesstagen Nummer 287 und 288 erneut mit dem Thüringer Neonazi und früheren Verfassungsschutz-Informanten Tino Brandt als Zeuge zu befassen. Dieses Mal sollte er sich insbesondere zu den Mitangeklagten Wohlleben und Sch#ltz# äußern. Sch#ltz# hatte zuvor angegeben, dass Wohlleben ihm Geld gegeben habe, um damit die Ceska-Pistole zu kaufen, mit der Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt neun Menschen ermordeten. Wohlleben hingegen behauptete, das Geld sei „wahrscheinlich von Tino Brandt“ gekommen. In seiner Aussage machte der Zeuge erneut umfassende Angaben zu den Geldsummen, die ihm vom Verfassungsschutz gezahlt worden waren und wie er diese finanziellen MIttel für die Arbeit seiner rechten Bewegung einsetzte. Der 41-Jährige (der zur Zeit wegen Kindesmissbrauchs in Haft sitzt) sagte aus, wiederholt Geld vom Verfassungsschutz auch zur Unterstützung von Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt verwendet zu haben – von einem Waffenkauf „mit meinem Geld“ wisse er jedoch nichts. Der 288. Verhandlungstag endete mit einer verbalen Auseinandersetzung zwischen Bundesanwalt Herbert Diemer und Nebenklagevertreter Sebastian Scharmer. Es ging dabei um den früheren V-Mann Ralf M#rschn#r. alias „Primus“, der Mundlos in seiner Baufirma und Zschäpe in einem Szeneladen beschäftigt haben soll.
15.06./16.06.2016: Der 289. und 290. Verhandlungstag
An Verhandlungstag 289 passierte das Folgende im Münchner Gerichtssaal: Der Vorsitzende Richter Manfred Götzl wies einen Berliner Kripobeamten im Zeugenstand scharf zurecht. Der Beamte hatte in seiner Vernehmung immer wieder Erinnerungslücken geltend gemacht und zugleich eigene Verantwortung von sich gewiesen. Auf die Frage einer Nebenklägerin erwiderte der Ermittler, diese Frage habe er „ja schon einmal vor einem der parlamentarischen Untersuchungsausschüsse“ beantwortet. Darauf fuhr Götzl ihn an und erinnerte den Polizisten an seine Verpflichtung, wahrheitsgemäß zu antworten und zwar jedes Mal, wenn er befragt werde.
Ein Beamter des Brandenburger Verfassungsschutzes, dereinst V-Mann-Führer des inzwischen verstorbenen Informanten „Piatto“ war, erschien an Tag 290 vermummt zu einer weiteren Befragung. Der Mann nannte dem Gericht zwei Beamte, die 1998 an einer Besprechung im Potsdamer Innenministerium teilnahmen. Es ging um die Freigabe einer Meldung von Piatto zur möglichen Waffenbeschaffung für die untergetauchten Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe. Das Ministerium verweigerte dem Thüringer Landeskriminalamt jedoch, so die Aussage des Zeugen, Informationen zu Piatto, um ihn vor einer Enttarnung zu schützen. Außerdem ging es um Zahlungen des „NSU“ an rechte Szenezeitschriften wie „Der weiße Wolf“.
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