„Motivation und Anstrengung sind eng miteinander verknüpft“: FSU-Psychologin deckt starke Variabilität von Motivation in Lernsituationen auf

05.03.17 • INFOS FÜR STUDIERENDE, INTERESSANTES, JEZT AKTUELL, KULTUR & BILDUNG, NEWSCONTAINER, START, UNSER JENA, WISSENSCHAFT, MEDIZIN & TECHNIKKeine Kommentare zu „Motivation und Anstrengung sind eng miteinander verknüpft“: FSU-Psychologin deckt starke Variabilität von Motivation in Lernsituationen auf

Die Psychologin Dr. Julia Dietrich von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. - Foto © FSU Günther

Die Psychologin Dr. Julia Dietrich hat die Motivation von Studierenden der Uni Jena dreimal innerhalb von 90-minütigen Vorlesungen abgefragt – und erhebliche Schwankungen bei jedem Individuum festgestellt. – Foto © FSU Anne Günther

JEZT Logo Forschung an der FSUMit der Motivation ist es so eine Sache. Ist sie da, kann sie zu Höchstleistungen anspornen – fehlt sie, dann wird schnell alles zu viel. Dabei kennt wohl jeder Personen, die den Eindruck erwecken, immer hochmotiviert zu sein, während andere chronisch antriebslos erscheinen. Wie variabel jedoch individuelle Motivation sein kann, hat Dr. Julia Dietrich von der Friedrich-Schiller-Universität Jena (FSU) untersucht und ihre Ergebnisse nun in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins „Learning & Instruction“ veröffentlicht. Gemeinsam mit Jaana Viljaranta (University of Eastern Finland), Julia Moeller (Yale University) und Bärbel Kracke (FSU) wurden situationsbedingte Erwartungen und Anstrengungen Studierender unter die Lupe genommen.

„Dass Motivation ein wichtiger Faktor fürs Lernen und für Leistung ist, ist bekannt. Allerdings blieb die bisherige Forschung relativ allgemein“, erzählt Dr. Dietrich. So hätten bisherige Studien in erster Linie erfasst, wie motiviert Personen generell sind und was sie antreibt. „Es wurde bislang allerdings nicht untersucht, wie es innerhalb einer bestimmten, zeitlich begrenzten Lernsituation, zum Beispiel einer Vorlesung oder Unterrichtsstunde, um die Motivation des Individuums bestellt ist“, so die Psychologin.

JEZT - Seminar am Institut für Altertumswissenschaften in den Räumen der Antikensammlung der Friedrich-Schiller-Universität Jena. - Foto © FSU Jena Kasper

Seminar am Institut für Altertumswissenschaften in den Räumen der Antikensammlung der Friedrich-Schiller-Universität Jena. – Foto © FSU Jan-Peter Kasper

Um zu dies zu überprüfen, haben 155 Jenaer Lehramtsstudierende ein Semester lang dreimal innerhalb 90-minütiger Vorlesungen Momentaufnahmen ihrer Motivation geliefert. „Dazu mussten sie in zehn Vorlesungen in Pädagogischer Psychologie über ihr Smartphone oder auf dem Papier Fragen beantworten, die immer gleich waren. Unter anderem wollten wir wissen, wie kompetent sie sich in dem Augenblick gefühlt haben, ob sie die Sachverhalte verstehen oder ob sie diese als anstrengend empfinden. Auch ob sie Spaß an den Lehrinhalten haben und sie für nützlich halten, wurde erfragt“, erklärt Julia Dietrich.

Über die Resultate der nicht-repräsentativen Studie waren selbst die Forscherinnen erstaunt, denn die Motivation schwankt in den 90 Minuten weit stärker, als bisher angenommen. So hätte jeder einzelne Teilnehmer in der Vorlesung Phasen hoher Motivation und starker Demotivation erlebt – zeitlich völlig unabhängig von den anderen Studierenden. „Interessen sind natürlich personenspezifisch. Bislang konnten wir zumindest keine systematischen Trends wie bestimmte Materialien oder Themen ausmachen, bei denen die Motivation bei allen gestiegen oder gesunken ist“, berichtet Dietrich. „Die Ursachen für die Schwankungen müssen in Zukunft noch näher betrachtet werden, um Lernkontexte insgesamt motivierender zu gestalten.“

Wie eng Motivation und Anstrengung miteinander verknüpft sind, hat die Studie ebenfalls zeigen können. Je mehr man sich anstrengt, desto höher sei die Motivation. Umgekehrt gilt das Gleiche: „Wer motiviert ist, strengt sich auch mehr an“, erläutert die 33-Jährige. Essenziell sei die Erkenntnis, so Dietrich, dass jede Lernsituation und jeder Moment zählen: Dozenten können Studierende jederzeit „verlieren“, wenn sie im Hörsaal vor ihnen stehen, aber sie können sie auch zurückholen. Nun gilt es – trotz individueller Unterschiede – aus den Daten erste Praxisempfehlungen für die Lehrerbildung abzuleiten, was z. B. Inhalte, Vermittlungsmethoden oder den Einsatz von Materialien angeht. Zudem veranschaulicht die Untersuchung, wie Lehrende veränderte Inhalte oder neue Methoden sofort bewerten lassen können, statt sie erst am Ende der Vorlesung mit Fragebögen zu evaluieren.

Julia Dietrich hat an der Universität Erfurt Psychologie studiert und wurde dort 2010 im Fach Entwicklungspsychologie promoviert. Am Anschluss verbrachte die gebürtige Erfurterin zwei Jahre an der Universität Helsinki. Seit 2013 verstärkt sie das Team um Prof. Dr. Bärbel Kracke im Bereich der Pädagogischen Psychologie an der Universität Jena. Hier wird Dietrich künftig weiter zur „dunklen Seite“ der Motivation forschen. „Es gibt Personen, die sehr motiviert sind und hohe Leistungen erbringen, aber große Anstrengungen dabei empfinden. Deren ‚Kosten‘ beim Lernen zu untersuchen, damit sie nicht irgendwann von einem Burn-out gefährdet sind, wird das Ziel unserer kommenden Studien sein“, gibt die Psychologin einen Ausblick auf die künftige Forschung des Autorinnenteams.





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