„Wohnen in Jena“: DIE LINKE will im Stadtrat einen Rückkauf der jenawohnen GmbH prüfen lassen, die Liberalen sind dagegen
Wenige andere Themen bewegen die Bürger deutschlandweit so sehr, wie die Fragen: Wie zufrieden bin ich mit meiner Wohnsituation? – Wie gerecht ist die Höhe der zu zahlenden Miete? – Können, dürfen, sollen kommunale Wohnungsgesellschaften/ -genossenschaften steuernd eingreifen?
Bundes- und Landesregierungen sind als Handelnde gefragt, ebenso Stadträte und Stadtspitzen. Doch die können stets nur Regeln vorgeben und ihre Einhaltung prüfen lassen: der freie Wohnungsmarkt regelt sich nur zu gerne selbst. Investoren sind es, die in den letzten Jahrzehnten die zu zahlenden QM-Preise auch in unserer Stadt stetig nach oben geschraubt haben, etablierte Vermieter ziehen nach, Immobilienmakler tuen ein übriges. Aber wie kann sich die allein erziehende Altenpflegerin, wie können sich Studierende und Senioren und die Erwerbslosen gleichermaßen, die geforderten Mieten in Zukunft noch leisten?
Die Fraktion DIE LINKE im Jenaer Stadtrat hat für die kommende 33. Stadtratssitzung eine Beschlussvorlage eingereicht, die Jenas Oberbürgermeister Dr. Albrecht Schröter auffordern soll, die Möglichkeiten einer Rekommunalisierung (= ein vollständiger Rückkauf) der bei der Stadtwerke Jena Gruppe angesiedelten jenawohnen GmbH zu prüfen. Auf Facebook schreibt DIE LINKE:
„Eine Rekommunalisierung der Jenawohnen GmbH ist nicht unmöglich, aber die politische Mehrheit dafür fehlt bisher. Momentan profitieren die Thüga AG, die Genoss*innen der Bürgerenergie Jena eG., und am meisten der städtische Haushalt von Mieterhöhungen.“ Weiter heißt dazu es in der Vorlage: „Die jenawohnen GmbH ist als Tochtergesellschaft der Stadtwerke Energie Jena-Pößneck mit einem Anteil von 25 Prozent größter Akteur am Jenaer Wohnungsmarkt. Seit dem Verkauf von 20 Prozent der Anteile der Stadtwerke Energie Jena-Pößneck an die Thüga im Jahr 2012 unterliegt auch die jenawohnen GmbH dem Renditeziel von 5,5 Prozent der Gesellschafter der Stadtwerke Energie, was sich in stetig steigenden Mieten auswirkt.“
Auch Jens Thomas, Stadtverbandsvorsitzender der Partei DIE LINKE, ist sich sicher: Mit der Rückführung des Wohnungsunternehmens in vollständig kommunales Eigentum würde die Stadt auch die Hoheit über dessen Geschäftspolitik und ein Steuerungsinstrument am Jenaer Wohnungsmarkt zurückgewinnen. In der Vorlage heißt es weiter: „Um den Interessen der Mieter_innen der jenawohnen GmbH und auch den Interessen aller anderen Jenaer Mieterinnen und Mieter insgesamt durch die Stabilisierung und dann Absenkung des Mietkostenniveaus in Jena Geltung zu verschaffen, soll die Möglichkeit des Rückkaufs der Jenawohnen GmbH durch Stadtwerke oder Stadt Jena geprüft werden.“
Allerdings sehen nicht alle Stadträte die Pläne der Linken im Stadtrat so positiv. So befürchten etwa die Freien Demokraten eine Auszehrung bei jenawohnen, wenn dort die Mieten nicht mehr weiter angehoben werden dürften. Man werde mit seinen zwei Stadträten gegen den Antrag stimmen, so FDP-Mann Alexis Taeger. Der Grund: die Linke suggeriere mit dem Vorhaben, die Stadt Jena könne auf diese Weise das Mietniveau in der Stadt Jena senken, heißt es. „Damit macht die Linke sich und den Bürgen etwas vor. Jenawohnen ist mit einer Miete von 5 bis 6 Euro pro qm Preisführer und sorgt mit seinem hohen Marktanteil bereits heute dafür, dass es noch günstigen Wohnraum in Jena gibt. Das soll auch so bleiben“, so Taeger in einer FDP-Mitteilung.
Schlimm sei auch, so die Liberalen, dass am Ende einer solchen Politik der Auszehrung bei jenawohnens wonmöglich sogar ein Sanierungsfall drohe. Dann entstünde ein echter Renditedruck ohne Rücksicht auf die Mieter. In vielen Kommunen endete sowas mit einem Verkauf, erklärt die FDP im Jenaer Stadtrat. Damit wiederum würde sich die Absicht der Linken in ihr Gegenteil umkehren. „Die Stadt Jena tut gut daran, die erfolgreiche Unternehmenspolitik von jenawohnen als Marktführer bei niedrigen Mieten fortzusetzen“, so Stadtrat Dr. Thomas Nitzsche. Ferner versuche die Linke die Gewinne von jenawohnen zweimal zu verkaufen, ergänzt sein Kollege Taeger. Zu den Haushaltsberatungen seien die Gewinne die DIE LINKE gerne die Standardbegründung für Mehrausgaben. „Weshalb man nun ausgerechnet auf diese Gewinne verzichten mag, bleibt ihr Geheimnis“, sagte Taeger zu den Plänen der Partei DIE LINKE.
Hintergrund: Die jenawohnen GmbH wurde im Jahr 2002 zu 94 Prozent von der Stadt Jena an die Stadtwerke-Tochter Stadtwerke Energie Jena-Pößneck verkauft. Sechs Prozent sind seither im Eigentum der Stadt Jena verblieben. Mehrheitsgesellschafter der Stadtwerke Energie Jena-Pößneck sind die Stadtwerke Jena, 20 Prozent gehören der Thüga AG. Die Stadtwerke Jena wiederum gehören als Holdinggesellschaft zu 100 Prozent der Stadt Jena. Seit Juli 2016 verfügt jenawohnen über zwei Geschäftsführer, denn Stefan Wosche-Graf und Tobias Wolfrum stehen gemeinsam an der Spitze unseres Unternehmens. Wenn Wosche-Graf Ende September 2017 in den Ruhestand geht, könnte Wolfrum alleiniger Geschäftsführer werden.
Hinweis: Teile dieses Berichts wurden der Pressemeldung der Partei DIE LINKE entnommen.
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