„Nach Jahren wieder die eigene Stimme hören“: Uniklinikum Jena setzt erstmals in Thüringen vollimplantiertes Hörgerät ein
Hörprobleme betreffen jede dritte Frau und jeden zweiten Mann in Deutschland. Auch Klaus Fiedler aus Hof litt seit 37 Jahren an zunehmender Schwerhörigkeit. Endlich wieder alles hören, das war für den 63-Jährigen lange Zeit nicht denkbar, denn eine Versorgung mit klassischen Hörgeräten war aufgrund von Veränderungen der Gehörgänge nicht möglich. Dank eines neuen vollimplantierbaren Hörgeräts, das erstmals in Thüringen von HNO-Experten des Universitätsklinikums Jena (UKJ) eingesetzt wurde, hat er jetzt wieder die Chance, mit einem deutlich gebesserten Hörvermögen am Leben teilzunehmen.
„Dieses neue implantierbare Hörsystem unterscheidet sich von den bisherigen dadurch, dass sowohl Batterie als auch das notwendige Mikrofon vollständig unter der Haut implantiert sind. Der Patient muss lediglich die Batterie per Magnetsystem über die geschlossene Haut täglich aufladen. Das zweistündige Aufladen kann bequem beispielsweise beim abendlichen Fernsehen erfolgen. Ansonsten gibt es bei diesem neuen Hörsystem keine äußeren Bestandteile“, erklärt Prof. Dr. Sven Koscielny, Oberarzt der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde (HNO) des UKJ die Besonderheiten des Systems.
Die zunehmende Schwerhörigkeit hatte Klaus Fiedler im Alltag, insbesondere bei seiner beruflichen Tätigkeit als Versicherungsmakler, beeinträchtigt. „Wenn ich beispielsweise mit Kunden ein Gespräch führen wollte, musste ich sie bitten lauter zu sprechen“, beschreibt er die Situation vor der OP. Seit dem Eingriff sind acht Wochen vergangen. „Ich bin erleichtert, dass ich in Jena Hilfe gefunden habe. Endlich kann ich wieder meine eigene Stimme hören“, lautet das erste Fazit von ihm.
Auch Prof. Koscielny ist mit dem bisherigen Verlauf sehr zu frieden. Denn für den Patienten biete das vollimplantierbare Hörgerät mehr Komfort: „Da das System äußerlich nicht sichtbar ist. Außerdem ist das Gerät auch bei Patienten mit höhergradiger Schwerhörigkeit geeignet, die aber noch nicht ertaubt sind.“ In einem 1,5-stündigen Eingriff haben Koscielny und sein Team das Hörgerät eingesetzt.
Die HNO-Klinik decke nun das ganze Spektrum an implantierbaren Hörsystemen ab, vom einfachen implantierbaren Hörgerät, über komplexere implantierbare Apparate bis zum Cochlea-Implantat. Koscielny: „Die Wahl des geeigneten Systems, beispielsweise zwischen Cochlea-Implantat oder vollimplantierten Hörgerät, hängt vom vorhandenen Hörvermögen des Patienten ab.“ Hinzu kommt, dass Krankenkassen die Kosten für das vollimplantierbare Hörgerät nicht immer übernehmen.
Im Ohr ist nun die ganze Technik verborgen. „Akustische Signale gelangen über das unter der Haut liegende Mikrofon zum internen Prozessor des Hörgerätesystems. Dort werden diese als mechanische Schwingungen an die Gehörknöchelkette weitergeleitet und ermöglichen das Hören. Über eine Fernbedienung kann der Patient zwischen verschiedenen Hörprogrammen das für seine jeweilige Umgebungs- und Hörsituation am besten geeignete problemlos per Bluetooth einstellen“, erläutert der HNO-Experte.
Nach Abschluss der Wundheilung wurde das System angeschaltet und von Tobias Schmidt, wissenschaftlicher Mitarbeiter der HNO-Klinik am UKJ, eingestellt. „Das Hörsystem wird hierbei auf die individuelle Hörschwelle angepasst, damit Herr Fiedler Töne hört, die andere Menschen auch in normaler Lautstärke hören. Wir versuchen dabei, dem natürlichen Klangempfinden so nah wie möglich zu kommen.“ Klaus Fiedler wird in den kommenden Wochen weiter von den HNO-Experten begleitet. Für ihn hat das neue Klangempfinden begonnen. „Ich gewöhne mich jetzt an die neuen Höreindrücke“, sagt er.
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