„Die Macht der Nachrichten“: Social Media hat bei vielen Menschen das Fernsehen als Nachrichtenquelle überholt
(Anja Vollmer) – Viel zu geringes Einkommen, Wohnungsnot, die Aufnahme von Geflüchteten, erst der Diesel- dann der Eierskandal und natürlich der ewige Ärger über „die da oben“: Heutzutage kann bei uns Menschen leicht ein Angstgefühl entstehen, dass „alles“ immer schlechter wird. Geschürt werden solche Ängste auch durch eine Überflutung an Sofortnachrichten, die über Facebook, Twitter oder News-Webseiten verbreitet werden und sozusagen im Minutentakt als News auf unsere Smartphones gepusht werden. Oftmals selektiv und ohne die Quellen oder Zusammenhänge der Meldung zu benennen. – Um „Die Macht der Nachrichten“ geht es in unserem Radio Jena/JEZT-Monatsthema August.
Vielen von uns bereitet dieser ständige Strom (oder „feed“, wie es anglo-amerikanisch treffender für eine Speisung/Fütterung benannt ist) zunehmend Probleme und zieht die seelische Stimmung nach unten. Dies zeigte z.B. eine multinationale Umfrage bei 50.000 Menschen aus 26 Ländern, die im Frühjahr im „Reuters Digital News Report“ veröffentlicht worden ist. Danch gaben 28 % der 18- bis 24-jährigen Befragten an, dass die sozialen Medien ihre wichtigste Nachrichtenquelle seien und nur noch 24 % dieser Altersgruppe nannten das Fernsehen oder die klassische Zeitung. Speziell bezogen auf die USA erklärten wiederum 38 % aller dort Befragten, dass sie gelegentlich gar keine Nachrichten mehr „erleben“ wollen, sich hierzu den allgegenwärtigen News verweigern, obwohl sie diese abrufen könnten; in Deutschland gab dies etwa jeder Fünfte (21 %) an.
Als der Hauptgrund einer gelegentlichen Nachrichtenverweigerung wird von der Mehrheit eine schleichend wachsende Niedergeschlagenheit benannt. So sagen dem Report nach 48 % aller weltweit Befragten, dass viele Nachrichten bei ihnen für „schlechte Laune“ sorgen würden und sie deshalb ab und an freiwillig ihren Nachrichtenkonsum drosseln würden. Rund ein Viertel erklärte, angesichts der ständigen Katastrophenmeldungen aus aller Welt stelle sich bei ihnen ein „Gefühl von Hilflosigkeit“ ein, mit der Konsequenz: man schaltet alle Nachrichten ab und vermeidet damit auch den Konsum der schlechten.
Als weiteren Grund einer gelegentlichen Nachrichtenverweigerung (Anm.: Mehrfachnennungen waren möglich) gaben rund 37 % der im Rahmen der Studie global Befragten an, sie hätten ein „mangelndes Vertrauen in die Unabhängigkeit von Medien“. Das verwundert nicht, denn oft wird unter Mißachtung journalistischer Standards eine Information einfach so „in den Löwenkäfig“ Social-Media geworfen (z.B. beim Umgang mit Flüchtlingszahlen), die vom den Menschen als Konsumenten der Nachricht wegen fehlender Quellenangaben nicht verifiziert werden kann oder die gelegentlich sogar aus politischem Interesse frei erfunden wurde.
Der von Reuters veröffentlichte Bericht merkt auch an, jene weltweite (Zitat) „Welle der Störung im Verhältnis der Menschen zu Nachrichten“ könnte „potenziell tiefgreifende Konsequenzen sowohl für Verlage und die Zukunft der Nachrichtenproduktion“ haben. Dies halten die Forscher für eher wahrscheinlich als unwahrscheinlich. Interessanter Weise haben der Studie nach weltweit ältere Menschen, die naturgemäß gegenüber jüngeren einen erschwerten Zugang zu Social-Media-Plattformen habe und deshalb nicht ständig mit Push-Meldungen versorgt werden, eher weniger Probleme mit der aktuellen Nachrichtenlage.
Lesen Sie hier bei JEZT in Kürze den zweiten Teil von „Die Macht der Nachrichten“!
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