„Hohe Auflösung ohne Teilchenbeschleuniger“: Jenaer Physiker führen erstmals optische Kohärenztomografie mit XUV-Strahlung im Labormaßstab durch
Beim Augenarzt gehört sie fast schon zum Standardprogramm: die optische Kohärenztomografie. Mit diesem Bildgebungsverfahren lassen sich durch Infrarotstrahlung die verschiedenen Schichten der Netzhaut durchdringen und dreidimensional genauer untersuchen, ohne dass das Auge überhaupt berührt werden muss. Mediziner können so Erkrankungen wie den Grünen Star ohne Eingriff erkennen. Doch diese Methode hätte noch weitaus größeres Potenzial für die Naturwissenschaften, wenn man die Wellenlänge der verwendeten Strahlung stärker verkürzen und somit eine höhere Auflösung des Bildes erhalten könnte. Physikern der Friedrich-Schiller-Universität Jena ist genau das jetzt gelungen. Über ihre Forschungsergebnisse berichten sie in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins „Optica“.
Die Jenaer Physiker verwendeten für das Verfahren erstmals im eigenen Labor erzeugte extreme ultraviolette Strahlung (XUV) und führten somit die erste XUV-Kohärenztomografie im Labormaßstab durch. Die Wellenlänge dieser Strahlung liegt bei etwa 20 bis 40 Nanometer – von dort ist es also nur noch ein kleiner Schritt bis zum Röntgenbereich. „Um XUV-Strahlung zu erzeugen, sind normalerweise Großgeräte, also Teilchenbeschleuniger wie das Deutsche Elektronen-Synchroton in Hamburg, notwendig“, erklärt Silvio Fuchs vom Institut für Optik und Quantenelektronik der Universität Jena. „Demzufolge wäre eine Untersuchungsmethode dieser Art also sehr aufwendig, teuer und nur für wenige Forscher verfügbar.“ Die Jenaer Physiker konnten diese Methode bereits an Großforschungsanlagen demonstrieren, doch nun haben sie eine Möglichkeit gefunden, sie auch im kleineren Maßstab anwenden zu können.
Dazu fokussierten die Forscher der Uni Jena einen ultrakurzen, sehr intensiven Infrarotlaser in ein Edelgas, etwa Argon oder Neon. „Durch einen Ionisationsprozess werden die Elektronen im Gas beschleunigt“, erklärt Fuchs. „Diese emittieren dann die XUV-Strahlung.“ Zwar sei diese Methode sehr ineffizient, da nur etwa ein Millionstel der Laserstrahlung auch tatsächlich vom infraroten in den extrem ultravioletten Bereich umgewandelt werde, aber dieser Verlust lasse sich durch den Einsatz von sehr starken Laserquellen ausgleichen. „Die Rechnung ist einfach. Je mehr wir hineingeben, desto mehr bekommen wir auch heraus“, sagt der Jenaer Experte.
Der Vorteil der XUV-Kohärenztomografie ist, neben der sehr hohen Auflösung, dass die Strahlung stark mit der Probe interagiert, denn verschiedene Stoffe reagieren unterschiedlich auf das Licht. Einige absorbieren mehr und andere weniger. Es entstehen also starke Bildgebungskontraste, die den Forschern wichtige Informationen, etwa über die materielle Zusammensetzung des zu untersuchenden Objektes, liefern. „Wir haben beispielsweise zerstörungsfrei dreidimensionale Abbildungen von Siliziumchips erstellt, auf denen man das Trägermaterial und aus anderen Materialien bestehende Strukturen gut voneinander unterscheiden kann“, erklärt Silvio Fuchs. „Sollte dieses Verfahren auch in der Biologie Anwendung finden – etwa bei der Untersuchung von Zellen, was eines unserer Ziele ist -, dann wäre dort das vorherige Einfärben der Proben, wie in anderen hochauflösenden Mikroskopiemethoden üblich, nicht nötig. Elemente wie Kohlenstoff, Sauerstoff und Stickstoff würden selbst den Kontrast liefern.“
Bis dahin haben die Physiker der Universität Jena aber noch einige Arbeit vor sich. „Mit unserer bisherigen Lichtquelle erzeugen wir eine Tiefenauflösung von bis zu 24 Nanometer. Das reicht zwar schon aus, um kleine Strukturen, beispielsweise in Halbleitern abzubilden, jedoch liegen die Strukturgrößen aktueller Chips teilweise bereits unter dieser Marke. Mit neuen noch stärkeren Lasern sollte es aber in Zukunft möglich sein, mit der Methode bis zu drei Nanomater Tiefenauflösung zu erreichen“, informiert Fuchs. „Grundsätzlich haben wir gezeigt, dass man diese Methode im Labormaßstab verwenden kann.“ Langfristiges Ziel könne es schließlich sein, ein preisgünstiges und bedienungsfreundliches Gerät zu entwickeln, das Laser und Mikroskop vereint und etwa der Halbleiterindustrie oder biologischen Laboren dieses Bildgebungsverfahren unkompliziert ermöglicht.
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