„Artenverlust zerstört Ökosysteme“: Ein Rückblick auf 15 Jahre „Jena Experiment“ (Teil 2)
Wie schwer wiegt der globale Artenverlust? Sind Stoffkreisläufe in einem Ökosystem mit wenig Arten verändert? Um dies zu klären, wurde 2002 das „Jena Experiment“ etabliert, eines der größten Biodiversitätsexperimente weltweit. Prof. Dr. Wolfgang Weisser, vormals an der Uni Jena, jetzt an der Technischen Universität München (TUM) tätig, nennt zwei unerwartete Ergebnisse der Langzeitstudie: Biodiversität beeinflusse knapp die Hälfte der Prozesse im Ökosystem und intensive Grünlandbewirtschaftung erziele keinen höheren Ertrag als eine hohe Biodiversität. – Lesen sie HIER Teil 1 unseres Berichts!
[FORTSETZUNG] Die Ergebnisse des „Jena Experiments“ führten unter anderem zu folgenden Schlussfolgerungen:
1.) Artenreichere Wiesen hatten über die gesamte Zeit des „Jena Experiments“ eine höhere Produktivität als artenarme Wiesen. Eine gesteigerte Bewirtschaftungsintensität durch zusätzliche Düngung und eine häufigere Mahd erreichte denselben Effekt: Wenn ein Landwirt bestimmte Arten fördert und düngt, ist er im Durschnitt betrachtet folglich nicht erfolgreicher als die Natur.
2.) Die Energie der Biomasse (Bioenergiegehalt) von artenreichen Wiesen war deutlich höher als der von artenarmen Wiesen, zugleich aber ähnlich hoch wie viele der heute stark subventionierten Arten, etwa von Chinaschilf.
3.) Bessere Ökosystemdienstleistungen durch Biodiversität
– Artenreiche Flächen hatten eine bessere Kohlenstoffspeicherung.
– Die Anzahl von Insekten und anderen Arten war deutlich höher.
– Wechselwirkungen zwischen Arten wie Bestäubungen fanden häufiger statt.
– Artenreichere Wiesen transportierten Oberflächenwasser besser in den Boden.
– Artenreiche Ökosysteme waren stabiler gegenüber Störungen, beispielsweise Dürren oder berschwemmungen, als artenarme Ökosysteme.
Das Jena Experiment beweist aufgrund seiner Breite erstmals, dass ein Verlust der Artenvielfalt negative Konsequenzen für viele einzelne Komponenten und Prozesse in Ökosystemen hat. Das weltweite Artensterben bedeutet also nicht nur, dass ein Teil des evolutionären Erbes der Erde unwiederbringlich verlorengeht und der Mensch seiner Fürsorgepflicht gegenüber anderen Geschöpfen nicht gerecht wird, sondern es hat direkte unangenehme Folgen für den Menschen. Das Artensterben wirkt sich unter anderem auch auf die Stoffkreisläufe aus – und diese nehmen direkten Einfluss auf den Wasserhaushalt, der Quell allen Lebens.
Neuer Sprecher des Jena Experimentes ist Prof. Dr. Nico Eisenhauer vom deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig. Der Experte von der Universität Leipzig, der zuvor an der Uni Jena tätig war, wird das Experiment fortführen, um die Mechanismen, die den Biodiversitätseffekten zugrundeliegen, noch genauer aufzuklären. Zu den Gründungsmitgliedern des Jena Experimentes zählten die Friedrich-Schiller-Universität Jena, wo auch die wissenschaftliche Koordination angesiedelt ist, und das Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena. Maßgeblich finanziell unterstützt wurde es von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG).
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