Pogromnacht 9. November 1938 (I): Künstlerische Verarbeitung des Holocausts mit der Münchnerin Michaela Melián

06.11.18 • JEZT AKTUELL, KULTUR & BILDUNG, NEWSCONTAINER, RADIO JENA, START, UNSER JENA, WISSENSCHAFT, MEDIZIN & TECHNIKKommentare deaktiviert für Pogromnacht 9. November 1938 (I): Künstlerische Verarbeitung des Holocausts mit der Münchnerin Michaela Melián

Michaela Melián – Foto © FSU Jena

(red + Content der FSU) – Die Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 ging als „Kristallnacht“ oder „Reichspogromnacht“ in die deutsche Geschichte ein. Dabei wurden viele Hundert Menschen getötet oder in den Suizid getrieben, mehr als 1.400 Synagogen, Betstuben und sonstige jüdische Versammlungsräume in Brand gesetzt sowie tausende jüdische Geschäfte, Wohnungen und Friedhöfe zerstört.

Die Pogrome waren vor genau 80 Jahren vom rechten NS-Regime gezielt organisiert und gelenkt worden und stellten den Übergang von der fünf Jahre zuvor begonnenen Diskriminierung der deutschen Juden hin zu ihrer systematischen Verfolgung und schließlich den Holocaust dar. Radio Jena stellt deshalb in dieser Woche verschiedene Veranstaltungen vor, die sich in unserer Stadt mit dem Thema beschäftigen.

Judenstern. – Abbildung © SJM Collection

Mit der Münchner Künstlerin Michaela Melián wird die Gesprächsreihe „Artist Talks“ in Jena fortgesetzt. Ihr Gesprächspartner am 8. November 2018 um 19:00 Uhr in der Villa Rosenthal ist Jonas Zipf, Werkleiter JenaKultur. Michaela Melián gehört zu den zum Wettbewerb um den Botho-Graef-Preis 2018 eingeladenen Künstlerinnen, Künstlern und Künstler-Duos. Unter dem Titel „Das verschwundene Bildnis“ soll ein dezentrales Denkmal für den Jenaer Rechtswissenschaftler, Rektor der Universität und Vater der Thüringer Landesverfassung Eduard Rosenthal (1853-1926) entstehen.
Künstlerin und Musikerin

Nach dem Studium von Bildender Kunst und Musik in München und London gehörte Michaela Melián 1980 zu den Gründungsmitgliedern der bis heute aktiven Band Freiwillige Selbstkontrolle, seit 1989 F.S.K. Seit Mitte der 80er Jahre arbeitet sie als Künstlerin und Musikerin und lehrte unter anderem an der Akademie der Bildenden Künste München, der Hochschule für Bildende Künste Hamburg und an der ETH Zürich. Ihre vielfach mit Preisen ausgezeichneten Arbeiten verbinden verschiedene Gattungen und Medien wie Fotografie, Film, Musik und Text. Ihre Werke wurden in zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen in Deutschland, Europa und in den USA gezeigt.

Im November 1938 zerstörtes Jüdisches Geschäft in Magdeburg. – Abbildung © Bundesarchiv, Bild 146-1970-083-44 / Friedrich, H. / CC-BY-SA 3.0

Die erste Einzelausstellung in ihrer Geburtsstadt München präsentierte das Lenbachhaus 2016 unter dem Titel „Electric Ladyland“. 2010 erhielt Michaela Melián den mit 10.000 Euro dotierten Kunstpreis der Landeshauptstadt München. Bereits 2008 hatte sie mit ihrem Konzept „Memory Loops“ den Kunstwettbewerb der Landeshauptstadt München „Opfer des Nationalsozialismus – Neue Formen des Erinnerns und Gedenkens“ für sich entscheiden können. Das 2010 fertiggestellte Audiokunstwerk ist jederzeit, weltweit und für jeden auf der Webseite memoryloops.net zum kostenlosen Download oder zum Anklicken und Anhören erreichbar.

Die künstlerische Verarbeitung des Holocausts nimmt eine wichtige Rolle in Meliáns Werk ein. So setzte sie sich mit der Geschichte des ehemaligen Lagers Föhrenwald auseinander und schuf das preisgekrönte Hörspiel „Föhrenwald“, das durch eine bewegte Lichtbildprojektion begleitet wird. 2017 realisierte sie in Wien am nördlichen Ausgang der U-Bahn-Station Schottenring die Arbeit „Herminengasse“, die die verzweigten Deportationswege der rund 800 Juden, die einst in dieser Straße lebten, in diagrammatischer Form sichtbar macht. Aufgrund dieser originellen Beiträge zur Erinnerungskultur wurde Michaela Melián von Verena Krieger, der Kuratorin des Wettbewerbs, zur Teilnahme eingeladen.

Den Botho-Graef-Kunstpreis lobt die Stadt Jena seit 1992 alle drei Jahre aus. Er findet 2018 in Zusammenarbeit mit der Friedrich-Schiller-Universität Jena statt und hat sich das Ziel gestellt, ein dezentrales Denkmal an den Wirkungsorten Eduard Rosenthals in Jena und Weimar sowie in Erfurt zu schaffen. Das Porträt des Rechtswissenschaftlers und Rektors war nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten aus der Universitäts-Sammlung von Professorenbildnissen entfernt worden und ist seit 1944 verschollen. Aufgrund seiner jüdischen Herkunft und seines demokratischen Engagements sollte Eduard Rosenthal aus dem kulturellen Gedächtnis gelöscht werden. Angestrebt wird eine künstlerische Arbeit, die Eduard Rosenthal würdigt und zugleich sein verschwundenes Bild als Leerstelle markiert. In einer Ausstellung im Jenaer Kunstverein werden ab 8. Dezember die Entwürfe der am Botho-Graef-Kunstpreis-Wettbewerb beteiligten Kunstschaffenden vorgestellt.
Termin

Veranstaltungshinweis: Artist Talk mit der Münchner Künstlerin Michaela Melián /// Donnerstag, 8. November 2018, 19:00 Uhr, Villa Rosenthal, Mälzerstr. 11, 07743 Jena /// Der Eintritt ist frei. Weitere Informationen gibt es HIER.





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