Warum die „Leuchttürme“ im Süden stehen: Wirtschaftswissenschaftler erforschen das Erbe der DDR
(FSU) – Sie werden als Leuchttürme bezeichnet, jene Städte in den Neuen Bundesländern, in denen die verhießenen „blühenden Landschaften“ Realität zu sein scheinen. Jena ist ein solcher Leuchtturm, neben Dresden und Leipzig. Doch was unterscheidet diese Leuchttürme von der Tristesse ringsum? Wie schwer wiegt das Erbe der DDR-Planwirtschaft? Was muss sich ändern, um mehr Leuchttürme zu bekommen?
Fragen wie diesen gehen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in einem Verbundprojekt unter Leitung von Prof. Dr. Jutta Günther (Universität Bremen) nach. Mit dabei sind Prof. Dr. Michael Fritsch und PD Dr. Michael Wyrwich von der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Jena. Das Forschungsprojekt mit dem Titel „Modernisierungsblockaden in Wirtschaft und Wissenschaft der DDR. Entstehung und Folgen im innerdeutschen Vergleich und im Vergleich mit Nachbarländern in Ostmitteleuropa“ wird im Dezember 2018 seine Arbeit aufnehmen.
„Wir wollen ergründen, wie das Erbe der DDR auf heutige Innovationsaktivitäten durchschlägt“, sagt Michael Fritsch. In der Öffentlichkeit kursierten noch immer zwei grobe Muster, weshalb der Osten im Leistungs- und Wohlstandsniveau dem Westen hinterherhinkt. Als Ursachen gelten die „Flurschäden“ der DDR-Zeit und die brachiale Privatisierung der DDR-Betriebe durch die Treuhandanstalt und Michael Fritsch und Michael Wyrwich wollen genauer hinschauen und Bausteine für ein Gesamtbild zum „Erbe der DDR“ hinzufügen.
Dabei, so Fritsch, gehen er und Michael Wyrwich auch weiter in der Geschichte zurück. „Wesentliche Wurzeln der Innovationsstärke der heutigen Leuchturm-Regionen reichen mehr als ein Jahrhundert zurück“, sagt Michael Wyrwich. In Dresden etwa wurde gegen Ende des 19. Jahrhunderts eine der ersten deutschen Technischen Universitäten gegründet und in Jena ist durch die Unternehmerpersönlichkeiten Carl Zeiss, Otto Schott und Ernst Abbe ein Innovationskern entstanden, dessen Strahlkraft die DDR-Zeit überdauert hat. Demgegenüber ist die Entwicklung in den während der DDR-Zeit künstlich geschaffenen industriellen Zentren – wie etwa Eisenhüttenstadt – nach der „Wende“ weit weniger positiv verlaufen.
Wyrwich verweist auf weitere Ursachen für die Innovationsschwäche vieler ostdeutscher Regionen. So war etwa die Industrieforschung in der DDR nur wenig entwickelt. Freies Unternehmertum und eine Gründerszene waren faktisch nicht vorhanden: „Kreative Köpfe galten eher als Unruhestifter!“ Doch trotz dieser Hemmnisse ist der Süden der neuen Bundesländer heute innovativer und wirtschaftlich erfolgreicher als der Norden.
Wie sich dieser Erfolg in Thüringen und Sachsen durch das Erbe der DDR und vorsozialistische Unterschiede in den Industrie- und Innovationsstrukturen erklären lässt, das wollen Michael Fritsch und Michael Wyrwich gemeinsam ergründen. Vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gibt es insgesamt gut 400.000 Euro für dieses Forschungsprojekt.
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