„Sehe die Universität gut aufgestellt“: Ein Interview mit dem langjährigen FSU-Vizepräsidenten für Forschung, Prof. Dr. Thorsten Heinzel
(Stephan Laudien) –Der Biochemiker Prof. Dr. Thorsten Heinzel amtierte von 2011 an bis zum Jahresende 2018 als Vizepräsident für Forschung an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Diese bat Heinzel nun um ein Resümee seiner Tätigkeit.
Frage: Professor Heinzel, was genau ist die Aufgabe eines Vizepräsidenten für Forschung?
Heinzel: Inhaltlich gehörte es zu meinen Aufgaben, die Forschungsstrategie der Universität mit zu koordinieren, heißt konkret, koordinierte Fördermittelanträge an die Deutsche Forschungsgemeinschaft bewerten und die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unterstützen, die Anträge erfolgreich zu gestalten. Zudem gibt es viele Abstimmungen etwa mit der Zeiss-Stiftung, wenn Stiftungsprofessuren beantragt werden. Als Vizepräsident betreute ich auch die Programme zur Drittmittelfähigkeit und Pro Chance für Nachwuchswissenschaftlerinnen. Ein weiteres Feld sind die sogenannten Großgeräteanträge, die an den Freistaat oder die DFG gerichtet werden. Die Untergrenze für diese Anträge sind 200.000 Euro, oft geht es dabei aber um Millionenbeträge. Als Vizepräsident für Forschung saß ich in verschiedenen Aufsichtsgremien, beispielsweise im Kuratorium von drei Leibniz-Instituten und weiteren Forschungsverbünden.
Das klingt nach einer immensen Aufgabenfülle?
Die Fülle der Aufgaben ist in der Tat enorm, in manchen Wochen standen bei mir 30 Termine im Kalender. Und das eben Genannte ist ja längst noch nicht alles. Gemeinsam mit dem Präsidenten oder als seine Vertretung gilt es auch, sich mit Partnerhochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen abzustimmen. Wir haben etwa die Kooperationen mit der Ernst-Abbe-Hochschule Jena vorangebracht; das erfordert alles viel Interaktionen, viele Gesprächsrunden. Zuletzt war die Exzellenzstrategie das zentrale Thema meiner Arbeit. Von September 2017 an haben wir intensiv daran gearbeitet, wie der Antrag in der zweiten Förderlinie zur Exzellenzuni aussehen könnte. Dass die Universität mit einem Cluster erfolgreich war, fließt nun in unsere Strategie 2025 mit ein.
Warum hören Sie auf?
Ich wollte ursprünglich schon nach der zweiten Amtszeit aufhören, doch Präsident Walter Rosenthal hat mich gebeten, noch bis zur Entscheidung in Sachen Exzellenz weiterzumachen. In Zukunft möchte ich mich wieder verstärkt meinen eigenen Forschungen widmen. Außerdem bin ich ja noch Institutsdirektor, Sprecher eines Graduiertenkollegs und Teilprojektleiter zweier Sonderforschungsbereiche hier an der Universität.
Welche Erfolge erzielten Sie in Ihrer Zeit als Vizepräsident für Forschung?
Zunächst möchte ich betonen, dass es nicht meine Erfolge sind, sondern stets die Erfolge vieler Akteure. Zu nennen wären beispielsweise die Sonderforschungsbereiche, die wir erfolgreich eingeworben haben und natürlich der jüngste Erfolg mit dem Exzellenzcluster Balance of the Microverse. Ich sehe unsere Universität im schwierigen Wettbewerb um die großen Formate der Wissenschaftsförderung gut aufgestellt. Wir sind eine forschungsstarke Universität, was angesichts unserer Größe nicht selbstverständlich ist. Ich bin optimistisch, dass wir in den nächsten Jahren noch weitere Sonderforschungsbereiche einwerben und unseren Status erfolgreich verteidigen können.
Welche Misserfolge fallen in Ihre Amtszeit?
Natürlich haben wir nicht mit jedem Antrag Erfolg gehabt, nur etwa 25 Prozent der Initiativen werden letztlich bewilligt. Das ist aber systemimmanent, darauf hat man keinen Einfluss. Wirklich sehr schade waren zwei Dinge, die eigentlich erfolgreich liefen, aber letztlich nicht umgesetzt wurden: Wir hatten erfolgreich zwei Humboldt-Professuren eingeworben, also hochdotierte Wissenschaftler aus dem Ausland berufen, doch beide nahmen die Stelle hier in Jena nicht an. Der eine entschied sich an seiner Universität zu bleiben, der andere nahm einen Ruf nach Princeton an. Da hatten wir keine Chance.
Welchen Blick hatten Sie als Vizepräsident für Forschung auf die kleinen, die sogenannten Orchideenfächer an der Universität?
Nach meiner Erfahrung entstehen interessante Forschungsansätze gerade dort, wo es unterschiedliche Ansichten und Blickwinkel gibt. Für mich als Biochemiker war es beispielsweise eine Herausforderung, mich mit Geisteswissenschaften zu beschäftigen. Aber die Profillinien der Universität sind ja keineswegs monolithische Blöcke, sie bilden die Vielfalt des universitären Lebens ab. Wir diskutieren gegenwärtig darüber, ein neues Forum ins Leben zu rufen, mit Gästewohnungen, Tagungsräumen und einer eigenen Bewirtschaftung. In diesem Forum sollen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler über Fächergrenzen hinweg diskutieren; es gibt doch viele Perspektiven innerhalb der Universität, die sich gegenseitig befruchten können. Dabei sind gerade die kleineren Fächer ausdrücklich eingeladen, sich einzubringen und ihre Forschungsgebiete vorzustellen.
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