„Das Schlafen mit offenem Munde ist meistens der Fresser und Säufer Art“: Detaillierte Beschreibung der Schlafapnoe in einer 1688 in Jena veröffentlichten Schrift

17.07.19 • JEZT AKTUELL, KULTUR & BILDUNG, NEWSCONTAINER, START, UNSER JENA, WISSENSCHAFT, MEDIZIN & TECHNIKKommentare deaktiviert für „Das Schlafen mit offenem Munde ist meistens der Fresser und Säufer Art“: Detaillierte Beschreibung der Schlafapnoe in einer 1688 in Jena veröffentlichten Schrift

Buch „Hypnologia“ des Thüringer Arztes Georg Grau – Foto: SLUB Dresden

(Uta von der Gönna) – Cover des 1688 veröffentlichten Buchs „Hypnologia“ von Georg Grau. Im 1688 in Jena veröffentlichten Buch „Hypnologia“ des Thüringer Arztes Georg Grau entdecken Schlafmediziner aus Dresden und Jena eine erstaunlich detaillierte Beschreibung der Schlafapnoe. Foto: SLUB Dresden

Die Beschreibung der extremen Schläfrigkeit des dicken Joe in Charles Darwins „Pickwick Papers“ gilt als die erste Schilderung der Schlafapnoe bei sehr beleibten Menschen in der Belletristik, diese wird deshalb auch Pickwick-Syndrom genannt. Die klinische Bedeutung der durch Übergewicht bedingten Atembeeinträchtigung, die zu Atemaussetzern in der Nacht und damit zu massiven Schlafstörungen führt, ist erst seit Mitte des 20. Jahrhunderts Thema der medizinischen Fachliteratur.

Im Buch „Hypnologia“ des Thüringer Arztes Georg Grau, das 1688 in Jena veröffentlicht wurde, haben der Dresdner Schlafmediziner und Medizinhistoriker Prof. Dr. Ekkehard Paditz und der Jenaer Schlafmediziner Dr. Sven Rupprecht eine wesentlich frühere Darstellung der Schlafapnoe entdeckt. Gemeinsam machten sie im englischsprachigen „European Respiratory Journal“ die entsprechenden Abschnitte eines der ersten auf Schlaf­me­dizin spezialisierten Bücher für die heutige Fachwelt zugänglich.

Gegliedert in 30 Fragen behandelt das barocke Kompendium verschiedene Aspekte des gesunden und des gestörten Schlafes. „Erstaunlich genau beschreibt Georg Grau eine Reihe von Symptomen, die wir heute als das vollständige klinische Bild der obstruktiven Schlafapnoe kennen“, so der Schlafmediziner Sven Rupprecht vom Universitätsklinikum Jena. Grau schildert die sozialen Folgen des Schnarchens: „Das Schnarchen ist eine ver­drieß­liche, beschwerliche und unannehmliche Nacht-Music“ ebenso wie Verengung der Luftwege „auch dem Athem seinen Raum benehmen.“ Er erkennt Übergewicht, abendlichen Alkoholgenuss und Schlafen in Rücken­lage als Risikofaktoren und schildert auch die gesundheitlichen Folgen der Schlafapnoe: „als der Alp oder Nacht­drücken, schwere Noth, Gicht, Krampff, Schlag und andere mehr.“

Georg Grau, dessen Name sich in verschiedenen Schreibweisen findet, stammte aus dem fränkischen Coburg und immatrikulierte sich 1650 an der Jenaer Universität, wo er 1660 zum Doktor der Medizin promovierte wurde. Er arbeitete anschließend als Arzt in Römhild und Behrungen in Thüringen, und veröffentliche weitere Bücher, darunter auch ein Lehrbuch für Hebammen. Seine Ausführungen zu den Atemstörungen im Schlaf beruhen auf der genauen medizinischen Beobachtung, obwohl er noch der Vier-Säfte-Lehre als Erklärungsmodell anhängt. Sven Rupprecht: „Auch wenn Georg Grau den Zusammenhang von Tagesmüdigkeit und Schlafapnoe nicht erkannte, charakterisierte er bereits im 17. Jahrhundert die Schlafapnoe und ihre gesundheitlichen Folgen, was ihn zu einem Pionier in der Schlaf- und Atemwegsmedizin macht.“





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