„Was Thüringen über Gesundheit, Pflege und die Politik denkt“: Forschungsteam der FSU Jena stellte den Thüringen-Monitor 2019 vor

07.12.19 • AUS DER REGION, JEZT AKTUELL, NEWSCONTAINER, POLITIK & URBANES LEBEN, START, UNSER JENA, UNSER JENA & DIE REGIONKommentare deaktiviert für „Was Thüringen über Gesundheit, Pflege und die Politik denkt“: Forschungsteam der FSU Jena stellte den Thüringen-Monitor 2019 vor

Podiumsdiskussion der Partei DIE LINKE in Erfurt zum Thema „Pflege besser machen: Pflegenotstand stoppen“. – Foto © MediaPool Jena

(Axel Burchardt) – Im ländlichen Thüringer Raum gibt es Defizite insbesondere bei der Ver­sorgung mit Fachärztinnen und -ärzten. Vier von fünf Thüringerinnen und Thüringern sind jedoch mit ihrer eigenen Gesundheit sowie der medizinischen Versorgung in Thü­ringen und in Deutschland insgesamt zufrieden

Das sind Kernaussagen des neuen Thü­ringen-Monitors, der diese Woche in Erfurt der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Für die seit dem Jahr 2000 jährlich im Auftrag der Thüringer Staatskanzlei erstellte Studie zur politischen Kultur im Freistaat hat ein Forschungsteam der Friedrich-Schiller-Univer­sität Jena im Zeitraum von Mai bis Juli 2019 eine repräsentative Telefonumfrage mit 1.100 Thüringer Wahlberechtigten durchgeführt. Im Fokus der von der Jenaer Politik­wis­sen­schaftlerin Prof. Dr. Marion Reiser geleiteten Untersuchung stand in diesem Jahr das Thema „Gesundheit und Pflege“.

Die medizinische Versorgung ist aufgrund des drastisch zunehmenden Pflegebedarfs und des strukturellen Wandels im Freistaat eine der zentralen Herausforderungen für die Politik und den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Die Befragten aus Thüringen bewer­ten – so können die Ergebnisse zusammengefasst werden – ihre allgemeine Lebenssi­tuation und ihre eigene Gesundheit überwiegend positiv. Diese Personen sind tendenziell auch mit der Demokratie und mit dem Gesundheitssystem zufriedener. Sie fühlen sich offensichtlich – das legt der Thüringen-Monitor nah – dann gut regiert, wenn sie das Ge­sundheitssystem als gerecht wahrnehmen und mit der medizinischen Versorgung zu­frie­den sind.

Gesundheits­poli­tische Maßnahmen, die den wahrgenommenen Defiziten oder erwarteten Problemszenarien entgegenwirken sollen, finden daher hohe Akzeptanz bei den Thüringerinnen und Thüringern. So halten fast alle Befragten die Einrichtung von Medizinischen Gesundheits­zent­ren (früher: Polikliniken) (99 Prozent), die Förderung mo­biler Arztpraxen (95 Prozent), die Ge­winnung von Hausärzten für den ländlichen Raum (100 Prozent) und die Ausweitung der Me­dizin-Studienplatzangebote (93 Prozent) für wichtig bzw. sogar sehr wichtig. Auch die Anwerbung von Fachkräften im Bereich Ge­sundheit und Pflege wird von 81 Prozent als bedeutsam erachtet – und damit von deut­lich mehr Befragten als in den vergangenen Jahren.

Die Untersuchung der politischen Kultur im Freistaat zeigt allerdings – ähnlich wie in den Vorjahren – ein ambivalentes Stimmungsbild: Einerseits befürworten fast alle (90 Pro­zent) befragten Thüringerinnen und Thüringer die Idee der Demokratie als beste Staats­form und sind auch mehrheitlich (63 Prozent) mit der demokratischen Praxis in Deutsch­land zufrieden. Andererseits artikulieren viele Befragte weiterhin Kritik an den Eliten und der Politik, weil diese ihre Interessen nicht repräsentieren. Und die Hälfte (49 Prozent) der Thüringer fühlt sich durch Westdeutsche als „Menschen zweiter Klasse“ einge­schätzt – und dies obwohl es 80 Prozent der Befragten, nach eigener Aussage, finanziell gut geht.

Besorgniserregende Befunde liefert der Thüringen-Monitor 2019 im Hinblick auf die Ent­wicklung rechtsextremer Einstellungen. So ist die Zustimmung zur antisemitischen Aus­sage „Die Juden haben einfach etwas Besonderes und Eigentümliches an sich und pas­sen nicht so recht zu uns“ im Vergleich zu 2018 von neun auf 16 Prozent angestie­gen und liegt mittelfristig auf einem Höchstwert. Gestiegen ist ebenfalls die Zustimmung zur geschichtsrevisionistischen Aussage „Der Nationalsozialismus hatte auch seine gu­ten Seiten“ (von 18 auf 26 Prozent). Der Konsensdefinition des Rechtsextremismus folgend müssen 24 Prozent der Befragten als rechtsextrem eingestellt bezeichnet werden.

„Hier kann angenommen werden, dass eine weitere Enttabuisierung rassistischer Einstellun­gen in der Thüringer Gesellschaft stattgefunden hat“, konstatiert Prof. Dr. Marion Reiser mit Blick auf diese Entwicklung. Hoffnung macht die Jugend: Den 18- bis 24-Jährigen stellt die Untersuchung mit Blick auf die Einstellungen zur Demokratie ein positives Zeug­nis aus. Dieser hoffnungmachende Befund verstärkt sich noch dadurch, dass die jungen Thüringer rechtsextreme Aussagen deutlich weniger unterstützen als die älteren Be­fragten.

Das Gutachten zum Thüringen-Monitor 2019 sowie eine barrierefreie Zusammenfassung (pdf) können heruntergeladen werden von der Website des KomRex – Zentrum für Rechts­extremismusforschung, Demokratiebildung und gesellschaftliche Integration der Friedrich-Schiller-Universität Jena unter: www . komrex.uni-jena.de / thueringenmonitor.





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