Sein Leben war kein „One-Hit-Wonder“: Zum Tode von Gershon Kingsley, dem Schöpfer des ersten Synthesizer-Welthits „Popcorn“
Der Synthesizer- und Elektronikmusik-Komponist und -Künstler Gershon Kingsley (1922 in Bochum als Götz Gustav Ksinski geboren) ist letzte Woche verstorben, wie seine Familie gestern mitteilte. Man sei traurig über sein Ableben und „Unsere Liebe, unser Respekt und unser Beileid gelten seiner Familie und seinen Lieben. Er wird sehr vermisst werden“, twitterte die Moog Foundation.
Sein Vater war Deutscher jüdischer Abstammung, seine Mutter eine katholische gebürtige Polin. Gershon Kingsley wuchs in Berlin auf, floh aber im Alter von 15 Jahren mit seinen Eltern aus dem nationalsozialistischen Deutschland nach Palästina, wo er in einem Kibbuz arbeitete, das Klavierspielen erlernte und später mit lokalen Jazz-Bands in der Umgebung von Jerusalem und Tel-Aviv auftrat. Nach seinem Musikstudium in Jerusalem übersiedelte er 1946 in die Vereinigten Staaten.
Mit Beginn der 1960er Jaher arbeitete er als Arrangeur für Klasische Musik; frühestes Zeugnis seines musikalischen Werkes war eine Schallplatte aus dem Jahre 1966, für die Kingsley französische Volkslieder neu arrangierte. Populär musikalisch wurde Kingsleys Karriere 1967 mit der Veröffentlichung des Albums „The In Sound from Way Out“ des Duos Perrey-Kingsley.
Als Solo-Künstler veröffentlichte Gershon Kingsley mit „Music to Moog By“ 1969 ein erstes Synthesizer-Album, das hauptsächlich Coverversionen von Songs bekannter Künstler enthielt, sein späteres Highlight aber in dem Titel „Popcorn“ fand. Mit dem nächsten Werk namens „First Moog Quartet“ aus dem gleichen Jahr, einer Sammlung von Live-Aufnahmen seiner landesweiten Tour, bei der er als ersten Live-Künstler vier Moog-Synthesizer verwendete, ging er ein letztes Mal den Weg experimenteller Musik, setzte künstlich-wirkende, teils außerirdisch anmitende Geräusche und Klänge zu gesprochenen Texten ein.
Im Jahre 1972 wurd eine Neuaufnahme des Titels „Popcorn“ von der Gruppe Hot Butter (mit Stan Free, einem Mitglied von Kingsleys First Moog Quartet, gespielt auf Kingleys Big Moog Synthesizer) zu einem Welterfolg: der Titel kam in 16 Ländern auf Position 1 der Charts (u.a in Australien, Deutschland, Frankreich und der Schweiz) und gilt offiziell als der erste Synthesizer-Nr.1-Hit der Historie.
Nach diesem Erfolg übersiedelte Kingsley wieder nach Deutschland und arbeitete 15 Jahre lang in München als TV-, Film- und Werbekomponist. So schrieb er u. a. Titelmelodies für mehrere ZDF-Produktionen (darunter „Die Pyramide“, „Merlin“, „Babbelgum“) und komponierte zudem zwei Opern („Tierra“/ 1992 und „Raoul“ 2008).
Seit dem Ende der 1990er Jahre lebte Gershon Kingley in New York und war auch dort weiter aktiv. Als Broadway-Dirigent wurde er mehrfach für den Tony Award nominiert und schrieb mit dem „Baroque Hoedown“ den Soundtrack für die Main Street Electrical Parade in Disneyland/Florida. Kingles und ich standen bis zuletzt in brieflichem oder E-Mail-Kontakt, da ich Anfang der 2000er Jahre seiner legendären KURZWEIL-250 Synthesizer erwerben konnte.
Bis ins hohe Alter war Gershon Kingsley aktiv und arbeitete sogar mit Hip-Hop-Künstlern wie Jay-Z („Interlude“), J Dilla („Hambro“), Black Milk & RJD2 („The Horror“) zusammen. Ich sage deshalb: „Mach‘ es gut, Gershon. Dir wird auch im Jenseits noch so manche Melodie einfallen.“
Rainer Sauer, Jena
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