Jetzt veröffentlicht: Wie behandelt man das Blutgerinnsel eines ISS-Astronauts/-Komonauts im All?
(Bernhard Doepfer) – Einer jüngst veröffentlichten Studie der NASA-Astronautin und Ärztin der inneren Medizin, Dr. Serena Auñón-Chancellor (sie war 2018 während der Expeditionen 56 und 57 gemeinsam mit dem deutschen ESA-Astronauten Dr. Alexander Gerst sechs Monate lang auf der Internationalen Weltraumstation ISS tätig) zufolge, hatte ein namentlich nicht genannter Astronaut oder Kosmonaut an Bord der ISS im letzten Jahr eine bedrohliche Erkrankung, die zu einem ernsten gesundheitlichen Problem hätte werden können: eine Venenthrombose, auch Blutgerinnsel genannt, in der Halsvene. Während dies auf der Erde schnell hätte behandelt werden können, stellt eine derartige Erkrankung rund 408 Kilometer ÜBER der Erde ohne die Möglichkeit einer angemessenen medizinischen Versorgung und dem Zustand der Schwerelosigkeit ein ernstes Problem dar.
Die Identität des Astronauten und der genaue Zeitpunkt des Vorfalls wurden und werden aus Datenschutzgründen geheim gehalten, jedoch ist dem Fallbericht zu entnehmen, dass zum Zeitpunkt des Zwischenfalls erst zwei Monate des insgesamt sechsmonatigen Aufenthalts auf der ISS vergangen waren. Es sei das erste Mal gewesen, dass bei einem Weltraumfahrer ein Blutgerinnsel entdeckt worden sei, so Auñón-Chancellor und ihre Mitautoren, darunter Blutgerinnselexperte Prof. Dr. Stephan Moll, von der Universität von North Carolina (UNC). Deshalb habe es auf Seiten der NASA auch keinen Notfallplan oder eine etablierte Methode zur Behandlung des Zustands in der Schwerelosigkeit gegeben.
Prof. Moll war einer der Experten, der von der NASA zur Behandlung des ISS-Mitglieds hinzugezogen wurde und der einzige Nicht-NASA-Arzt, den die Amerikanische Weltraumbehörde konsultierte, um bei der Ausarbeitung eines Behandlungsplans für das Blutgerinnsel zu helfen, hieß es in einer Erklärung seiner Universität. „Moll und ein Team von NASA-Ärzten entschieden, dass die Einnahme von Blutverdünnern die beste Behandlungsmethode für den Astronauten sei. Die pharmazeutischen Möglichkeiten auf der ISS waren jedoch begrenzt“, so die UNC. Als das Gerinnsel entdeckt worden sei, habe es nur eine begrenzte Menge des Blutverdünners Enoxaparin an Bord der ISS gegeben, wobei Stephan Moll der NASA bei der Rationierung des Bestands an Enoxaparin half, um die Venenthrombose effektiv zu behandeln, ohne dass dem Astronauten oder Kosmonaten das Medikament ausgeht, bevor die NASA bei der nächsten Frachtmission eine neue Medikamenten-Lieferung mitsenden konnte.
Wie Auñón-Chancellor und ihre Kollegen schreiben, sei das Gerinnsel in der Halsvene etwa 40 Tage lang mit Enoxaparin behandelt worden, was nicht einfach war, da dieses Medikament durch eine Injektion in die Haut abgegeben wird. Insgesamt gab es 20 Ampullen mit insgesamt 300 Millilitern. Der Weltraumfahrer musste sich die Injektionen zudem unter den erschwerten Bedingungen verabreichen, da bereits das Aufziehen der Injektion eine Herausforderung ist, da sich Flüssigkeiten in der Schwerelosigkeit anders als auf der Erde verhalten. Am 43. Tag der Behandlung traf ein Apixaban-Vorrat – eine oral einzunehmde Pille – mit einem Weltraumfrachter auf der ISS ein.
Der Behandlungsprozess dauerte der Studie nach mehr als 90 Tage, und während dieser Zeit musste der Astronaut oder Kosmonaut das Blutgerinnsel genau überwachen, indem er unter Anleitung eines Radiologieteams auf der Erde Ultraschalluntersuchungen am eigenen Hals durchführte. Moll erklärte gegenüber CNN, dass er auch mit dem ISS-Mitglied mehrfach über E-Mail und Telefonanrufe kommuniziert habe.
Schließlich sie er am Ende seiner sechsmonatigen Mission sicher auf der Erde gelandet und das Blutgerinnsel habe nicht weiter behandelt werden müssen, heißt es.
„Diese neuen Erkenntnisse zeigen, dass der menschliche Körper uns im Weltraum immer noch überrascht“, erklärte Dr. Serena Auñón-Chancellor bei der Päsentation der Studie und fügte an. „Wir haben noch nicht alles über Luft- und Raumfahrtmedizin oder Weltraumphysiologie gelernt. Die größte Frage, die noch offen steht ist, wie wir bei einer Erkundungsmission zum Mars damit umgehen würden. Wie werden wir uns medizinisch auf eine Venenthrombose vorbereiten? Es müssen weitere Untersuchungen durchgeführt werden, um die Gerinnselbildung in diesem Umfeld und mögliche Gegenmaßnahmen zu untersuchen.“
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