„Hätten wir dies vorab gewusst, dann hätten wir es wohl nie gewagt!“: So lief die „Philae“-Landung am 14. November 2014 auf Komet „Tschuri“ tatsächlich ab
(JEZT / BERNHARD DOEPFER) – Als die kühlschrankgroße Forschungssonde „Philae“ sich am 12. November 2014 vom Mutterschiff „Rosetta“ abkoppelte nd wenig später auf dem Schweifstern „67P/Tschurjumov-Gerasimenko“ (genannt: Tschuri) aufsetzte, war man bei der Europäischen Weltraumorganisation ESA zunächst begeistert, denn alles sah nach einem vollen Erfolg aus. Doch schon kurz danach wurde bekannt, dass der Apparat ungeplant mehrere Hopser auf der Kometenoberfläche vollführt hatte, bevor er an einem sehr schattigen Platz zum Stehen kam. Das fehlende Sonnenlicht sorgte dann für ein relativ schnelles, wenn auch vorläufiges Ende der Forschungsarbeiten. Erst vor wenigen Wochen meldete sich „Philae“ bei der ESA zurück und sendete wieder Daten.
In der August-Ausgabe des Magazins „Science„ beschreiben nun das „Rosetta“- und das „Philae“-Team der ESA den genauen Ablauf der Landung, den man nach der Auswertung der Daten der Instrumente von „Philae“ rekonstruieren konnte. Auch den finalen Standort der Forschungssonde hat man nzwischen ermittelt und dabei tatsächlich festgestellt, dass nicht viel gefehlt hat und „Philae“ wäre am 12. November 2014 über den Kometenkopf hinausgeschwebt und wahrscheinlich in den Weiten des Weltalls verschollen. Es kam anders und das war auch gut so, denn mit der Landung war etwas geglückt, von dem nicht nur Raumfahrtexperten träumten: Zum ersten Mal hatte etwas von Menschenhand Gebautes Spähposten auf einem Kometen bezogen.
Im Speziellen lag die extrem schwierige Landung wohl im Ausfall von gleich zwei Systemen, mit denen „Philae“ fest auf dem Kometen „Tschuri“ hätte verankert werden sollen, begründet. Zum einen wurden die beiden Harpunen nicht abgefeuert, die für Halt auf dem Kometen sorgen sollten, zum Anderen funktionierte die Düse, welche den Kometenlander direkt nach dem Aufsetzen gegen den Boden drücken sollte, nicht. Aufgrund der extrem geringen Anziehungskraft des Kometen bestand nämlich von Anfang an die Befürchtung, dass „Philae“ nach dem Aufsetzen schnell wieder abheben könnte, weshalb er fest verankert werden sollte. Und tatsächlich: In „Science“ beschrieben die ESA-Wissenschaftler, dass der Forschungsapparat nach dem ersten Aufsetzen noch für etwa zwei Stunden über den Kometen schwebte und dabei mehrfach unberechenbar seine Flugrichtung änderte. Einmal touchierte er einen Kraterrand, landete ein zweites Mal um erneut abzuheben und kam schließlich erst beim dritten Aufsetzen endgültig zum Stehen. Dort verhakte sich eines seiner Beine an einem Felsen, was wohl ein glücklicher Umstand war, denn sonst wäre „Philae“ womöglich für immer entschwebt. Diese Stelle bezeichnen die Forscher mit „Abydos“, dem ägyptischen Hauptkultort des Gottes Osiris.
Auf dem Foto in der Mitte haben die Wissenschaftler die Punkte markiert, an denen „Philae“ Bodenkontakt hatte (First TD = Erstes Aufsetzen mit Bodenberührung / Collision with crater rim = Berührung des Kraterrandes / Second TD = Zweites Aufsetzen mit Bodenberührung / Final TD = Finaler Landeplatz). Auf eine Aufnahmeserie der Muttersonde „Rosetta“ (unten) sind sogar die Abdrücke der drei Landebeine der Sonde auf der Kometenoberfläche sehen, die beim ersten Aufsetzen entstanden sind. An dieser Stelle befindet sich eine etwa 20 Zentimeter dicke, schneeweiche Staubschicht, so berichten die Forscher. Das Material sei körnig und habe einen Durchmesser von höchstens einem Zentimeter. Unter der weichen Schicht befindet sich jedoch hartes felsiges Material.
An den übrigen Punkten, auf denen die „Philae“-Sonde Kontakt zum Kometenboden hatte und bis heute hat, sei der Boden jedenfalls sehr hart, so berichten die Wissenschaftler vom Team Philae in „Science“. Am jetzigen Standort „Abydos“ erwies sich das Material als so fest, dass der Hammer eines der Instrumente von „Philae“ es nicht habe zerbrechen konnte. Oder wie Planetenforscher Tilman Spohn vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) es beschreibt: „Wir sind dort auf eine deutlich härtere Oberfläche gestoßen, als wir es uns vorgestellt hatten.“ Vielleicht könne man dies, so Spohn, als die größte Überraschung des Kometen bezeichnen, denn eine derart harten Oberfläche habe man keinesfalls erwartet. „Philae“-Projektleiter Stephan Ulamec, ebenfalls vom DLR, fügte sogar hinzu: „Wenn wir dies vorab gewusst hätten, dann hätten wir es wohl nie gewagt, eine Landung in einer solchen Region wie Abydos zu versuchen.“
Ob und wie es weitergeht mit „Philae“, dazu lässt sich derzeit keine realistische Prognose abgeben. Der Apparat funktioniert zwar einwandfrei, womöglich sogar noch bis September oder Oktober 2015. Bis dahin wären viele Messungen und Experimente auf Tschuri möglich. Voraussetzung für die Übertragung der Daten von „Philae“ an das Mutterschiff „Rosetta“ ist aber eine regelmäßige, stabile Funkverbindung. Doch die besteht weiterhin nicht.
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