„Co-Pilot löste Bremsvorgang zu früh aus“: Ein Pilotenfehler führte zum Absturz des „Space Ship Two“ bei einem Testflug Ende Oktober 2014

21.08.15 • JEZT AKTUELL, START, WISSENSCHAFT, MEDIZIN & TECHNIKKeine Kommentare zu „Co-Pilot löste Bremsvorgang zu früh aus“: Ein Pilotenfehler führte zum Absturz des „Space Ship Two“ bei einem Testflug Ende Oktober 2014

JEZT - SpaceShipTwo Solo-Flight - Foto © Virgin Galactic

SpaceShipTwo Solo-Flight – Foto © Virgin Galactic

(JEZT / BERNHARD DOEPFER) – Monate lang beschäftigte die Frage nach der Absturzursache des privat-kommerziellen Raumschiffs „Space Ship Two“ (SS2) von Virgin Galactic die Fachwelt. Nun hat die US-amerikanische Behörde für Transportsicherheit NTSB die wichtigsten Ergebnisse ihrer Untersuchung präsentiert. Danach war es ein Pilotenfehler, der zum Zerbrechen und dem nachfolgenden Absturz des Raumschiffs geführt hat. Copilot Michael Alsbury hat dem Bericht nach das Federsystem der Flügel zu früh entsperrt, was nur zwei Sekunden später zum Zerbersten des SS2 führte. Das NTSB kritisiert aber auch, dass das Entsperren vor dem Erreichen des Scheitelpunktes des Fluges überhaupt möglich war, und sieht somit auch Fehler beim Hersteller des Raumschiffs, der Firma Scaled Composites, die sowohl dem Firmengründer Burt Rutan als auch dem US-amerianischen Rüstungsunternehmen Northrop Grumman gehört.

„Space Ship Two“ war am 31.10.2014 von einem kalifornischen Flughafen abgehoben, zusammen mit dem Trägerflugzeug „White Knight Two“. In einer Höhe von etwa 15 Kilometern wurde es ausgeklinkt, dann zündete planmäßig das Raketentriebwerk des SS2. 26 Sekunden nach Raketenzündung in einer Höhe von rund 25 Kilometern sollten die Testpiloten das spezielle Federsystem ausklappen, welches SS2 abbremst und es ohne Antrieb kontrolliert zu Boden kreisen lässt. Während des Testfluges, etwa 13 Sekunden nach dem Zünden der Triebwerke, war das Raumschiff zerbrochen, wobei der Copilot ums Leben kam. Pilot Peter Siebold wurde in etwa 17 Kilometern Höhe aus der Kabine geschleudert, nach einem freien Fall von etwa acht Kilometern öffnete sich sein Fallschirm und er überlebte das Unglück schwer verletzt.

JEZT - SpaceShipTwo in Space - Abbildung © Virgin Galactic

SpaceShipTwo in Space – Abbildung © Virgin Galactic

Im Untersuchungsbericht heißt es, dass während des Testfluges vorgesehen war, das Bremssystem erst nach 26 Sekunden auszulösen; der Copilot habe dies aber bereits nach elf Sekunden begonnen und das Lösen der Sperre auch an die Bodenstation gemeldet. Zwar gibt es eine weitere Sicherung, die verhindert, dass sich das System zu früh ausklappt, jedoch hätten die aerodynamischen Kräfte in rund 17 Kilometern Höhe und die Wucht der noch laufenden Beschleunigungsphase des Raumschiffs dafür gesorgt, dass das Federsystem aus seiner Verankerung gerissen worden sei, woraufhin SS2 mitten im Flug zerbrach.

Die NTSB kritisierte vor allem, dass SS2-Hersteller Scaled Composites durchaus wusste, dass eine Fehl-Aktivierung des Federsystems während des gezündeten Raketenbetriebs katastrophale Auswirkungen haben könnte. Dennoch habe man keine technischen Vorkehrungen dagegen getroffen. Abgesehen von einer Erwähnung des Sachverhalts in einer Powerpointpräsentation sowie in einer E-Mail im Jahre 2011 habe man sämtliche Piloten des „Space Ship Two“ (neben Siebold und Alsbury sind dies auch noch sechs weitere) nicht vor den Folgen einer frühzeitigen Entsicherung gewarnt. Gegenüber amerikanischen Luftfahrtbehörde FAA (SS2 gilt in den USA als Flugzeug) habe Scaled Composites mitgeteilt, man gehe davon aus, dass die Piloten die vorgegebenen Prozeduren korrekt ausführen würden. Dies stelle jedoch lediglich eine Annahme dar, so das NTSB, und sein mit den geltenden FAA-Vorschriften nicht vereinbar. Jedoch habe die FAA dies als eine Ausnahme genehmigt, weshalb ihr eine Mitschuld an dem Unglück und dem Tode des Co-Piloten zukäme.

Das NTSB hat in seinem Bericht zehn Empfehlungen ausgearbeitet, die Reformen vorschlagen. Sie beziehen sich auf bessere Vorsorge für Rettungsmaßnahmen bei Unfällen sowie auf die Entwicklung einer Richtlinie für die Berücksichtigung menschlicher Fehler bei der Entwicklung von Raumfahrzeugen. Die Firma „Virgin Galactic“ des britischen Unternehmers Richard Branson ist einziger Käufer der „SPACE SHIP“-Serie von Scaled Composites und will an den Plänen für touristische Kurzausflüge ins All festhalten, wie Branson vor wenigen Tagen in einer entsprechenden Videobotschaft mitteilte. Er sagte auch, Scaled Composites baue bereits ein neues „SPACE SHIP“-Raumschiff für Virgin Galactic.





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