„Im Juli hatten wir erstmals mehr als 35.000 Leser im Monat.“ – Gespräch mit Rainer Sauer nach zwölf Monaten „JEZT Online – Jenas Zukunft mitgestalten“
Heute vor genau zwölf Monaten startete JEZT als vollwertige Online-Version, nachdem wir bereits seit dem 21.06.2014 als sog. Beta-Version verfügbar waren. In dieser Zeit hat sich die Online-Welt in Jena und der Region weiter verändert. Auf der einen Seite sind die mächtigen lokalen Printmedien mit ihren Internet-Ausgaben, bei denen man inzwischen knapp 8 Euro im Monat zahlen muss, um als Leser an bestimmte Informationen zu kommen. Auf der anderen Seite sind die ganz speziellen Onlinemedien, die nach dem Tucholsky-Grundsatz „Die Sprache ist eine Waffe“ agieren, Meinungen bilden, die oft allein ihrem Weltbild entsprechen, von allen Mitmenschen gnadenlose Transparenz einfordern und den Wunsch nach Privatsphäre als Maulkorb verunglimpfen.
Doch es gibt zum Glück auch eine Mitte. Es gibt in Jena und der Region die Onlinemedien, die wertfrei informieren: die Jenaer Nachrichten mit Michael Baumgarten im Hintergrund, die Oscar am Freitag-Macher mit ihrem ThüringenReporter und Maik Schultz als Verantwortlichem und eben Radio Jena mit JEZT Online. Und was uns angeht: Wir sind auch nach zwölf Monaten weiter „auf Kurs“, wie Rainer Sauer es bereits vor einiger Zeit ankündigts. Wie sieht er die Entwicklung heute?
Es gab in den vergangenen Monaten viele besondere Entwicklungen bei JEZT. Was sind die aus Ihrer Sicht wichtigsten?
Was unseren Verein angeht, der ja auf eine Initiativgruppe zurück ging, so hat sich das Ziel inzwischen gewandelt. Zwar ist es immer noch unsere Aufgabe, der Öffentlichkeit zu ermöglichen, Jenas Zukunft mitzugestalten, mit neuen Ideen dafür zu sorgen, dass unsere Stadt auch 2020 und darüber hinaus ein Landmark in Mitteldeutschland und zugleich lebenswert bleibt. Aber es hat sich eben gezeigt, dass ein Verein ein eher angestaubtes Mittel ist, um dies optimal zu erreichen. Die beabsichtigte Anerkennung der Gemeinnützigkeit brächte zudem viel zu viele Einschränkungen mit sich, weshalb wir weiter eine Gruppe von Menschen, von Bürgern aus Jena, dem Saale-Holzland-Kreis, dem Kreis Weimarer Land bleiben, die als Team agieren, das sich aus allen Bereichen unserer Stadt, aus allen gesellschaftlichen Gruppen der Region zusammensetzt. Weiter unverändert bleibt, dass uns ein ganzheitliches Konzept am Herzen liegt und nicht die Profitabilität von JEZT. Wichtig in einer Welt, einer Umwelt, die sich tagtäglich verändert, ist aus unserer Sicht, ein Multimediaportal vorzuhalten, das es jedem Menschen, Bürger ebenso wie Einwohner, möglich macht, Jenas Zukunft mitzugestalten. Auch und gerade in einem Umfeld, dass derzeit und wohl noch ein, zwei Jahre lang, durch neue Mitmenschen aus allen Teilen der Welt ergänzt wird.
Werden die in Jena gestrandeten Migranten eine Rolle in der Redaktion spielen?
Wann sie ihre Rolle spielen und wie sie ihre Rolle spiwlen werden, das kann man nicht voraussagen. Aber, dass sie es werden, das steht außer Zweifel. Denn gerade sind die Flüchtlinge dabei, eine wichtige gesellschaftliche Gruppe in unserer Region zu werden. Wenn man anderswo fragt „Wem gehört die Stadt?“, dann ist eine Antwort nun „…auch den Flüchtlingen“. Am Jahresende werden wir bei uns rund 3.000 neue Einwohner haben – also etwa 3 Prozent mehr als bisher – und die haben selbstverständlich Wünsche, Ziele und Ideen für ihre Zukunft in Jena und die werden – wie auch immer – von JEZT unterstützt. Aber wie ich bereits früher einmal sagte: Jenas Zukunft kann man nur gemeinsam mit der Stadt entwickeln und nicht mit der Stadt Jena als Gegner. Also arbeiten wir da wohl Hand in Hand mit der Stadtverwaltung.
Wie haben sich im letzten Jahr die Zugriffzahlen auf JEZT Online verändert?
Das Projekt wurde ja seit 1999 durch Radio Jena begonnen und durch unsere „Lichtstadt.News“ seit 2007 vorbereitet. In einem sehr fruchtbaren Straegie-Workshop wurden im November 2013 die Grundlagen und Eckdaten von JEZT erarbeitet. Wir starteten in der Beta-Version mit geringsten Zugriffzahlen, was normal war, denn zeitgleich gab es ja die relativ erfolgreichen „Lichtstadt.News“. Zum Jahreswechsel lag die Zahl der täglichen Leser aber bereits bei rund 980 Nutzern und das ist angestiegen auf derzeit um die 1.200 Zugriffe unterschiedlicher Nutzer. Im Juli hatten wir erstmals mehr als 35.000 Leser im Monat.
Es gab in den letzten Monaten auch einige Nicklichkeiten von Mitbewerbern oder Stadträten. Wie sind die verlaufen?
Der Betreiber eines Jenaer Internetportals war es, der mich mit seinen eigenen Worten als Mitbewerber bezeichnete und mir Unwahrheiten und Diskreditierungen gegenüber seinem Portal vorgeworfen hat. Er wollte den Verein und seine Satzung durchleuchten lassen, schickte mir später über seinen Anwalt eine Unterlassungserklärung, weil JEZT angeblich im Internet Fotos bei ihm gestohlen hatte, aber diese „Cyber-Raub“-Story ging nach hinten los. Zudem bezeichnete mich ein Mitmensch, der für dieses Portal arbeitet, auf einer Internetseite der Stadt Jena als jemanden, der wissentlich Stadträte, Medien und alle Bürgerinnen und Bürger der Stadt belügt. Dabei berief er sich auf die – so wörtlich – „verfassungsrechtlich garantierte Meinungsfreiheit“. Es scheint mir jedoch, dass es hier ein kleines Missverständnis darüber gibt, was das Grundgesetz als Meinungsfreiheit absichert. Die Freiheit alles zu denken, was einem auf dem Herzen liegt, ist grenzenlos; es offen auszusprechen oder in der Öffentlichkeit zu schreiben ist es nicht.
Was ist das wichtigste Ziel für die nächsten Monate von JEZT?
Wir werden Radio OKJ beim Umbau des Programms und des Trägervereins weiter tatkräftig unterstützen. Gerade hat ja die Umfrage zum Bürgerhaushalt belegt, dass etwa die Hälfte aller Jenaerinnen und Jenaer auch den lokalen Hörfunk nutzen, um sich zu informieren und die reinen Internet-Infoportale weit dahinter rangieren. Als Multimediaportal sind wir da gut aufgestellt, wie ich finde, allerdings nur aufgrund dessen, was Radio OKJ vorhält.
Das Interview führte Thomas Roth
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