Rainer Sauer „Mein Vierteljahrhundert in Jena“ – Teil 4: Von Machern und Blendern
Vor 25 Jahren sah sich in unserer Stadt ein Mann in politischem Amt und Würden, der im Grunde gar nicht danach gestrebt hatte. Kurz nach der Wende war er als Veterenärmediziner an die neue FDP-Führung in Ostthüringen herangetreten und hatte sich für die liberale Parteiarbeit angeboten: Dr. habil. Peter Röhlinger – ein Mensch, der ein großer und freier Demokrat wurde.
Aber da es im Leben oft anders kommt als gedacht, wurden aus den kleinen Plänen schnell große, einigten sich 1990 die großen Jenaer Parteien bei der Oberbürgermeisterwahl doch auf die gemeinsame Unterstützung des aus ihrer Sicht unabhängigsten und damit unbelastetsten aller Kandidaten und der hieß Peter Röhlinger. Im Grunde als Verlegenheitslösung ins Amt gewählt, machte dieser seine Sache aber mehr als gut, weshalb er gleich zwei Mal von den Jenaer Bürgern wiedergewählt wurde und damit 16 Jahre lang Jenas OB war.
Auch wenn Dr. Lothar Späth als mächtiger Jenoptik-Chef und Mentor vieler Entwicklungen in unserer Stadt oft die Marschrichtung vorgab (und durch seine umfangreichen Kontakte als langjähriger Ministerpräsident in Baden-Württemberg viele EU- und Aufbau-Ost-Millionen in die Lichtstadt lenkte) war es Peter Röhlinger, der in und mit seiner Verwaltung die Dinge planen und durchführen ließ, die Jena über die schweren ersten anderthalb Jahrzehnte nach der Wende prägten. Parteipolitisch formte er zudem die Freien Demokraten in Thüringen ganz wesentlich mit und bekleidete von Ende 1994 bis zum Frühjahr 1999 das Amt des Landesvorsitzenden der FDP.
Dafür ehrt der Jenaer Stadtrat den am 8. Februar 1939 in Jena geborenen und an der Universität Leipzig promovierten Tierarzt, der zwischen 2009 und 2013 auch im Bundestag saß, in diesem Monat mit der Ehrenbürgerwürde. Zurecht, denn Röhlinger war und ist ein Macher, war immer jemand, der seine Visionen nicht nur als Sprachblase unter die Menschen brachte sondern auch durchzusetzen wusste. Das unterscheidet ihn von den Blendern und Schwätzern, die man damals wie heute in unserer Mitte findet. Mit Schwätzer meine ich Lametierer, die für jede Lösung ein Problem haben und die Blender erkennt man daran, dass sie alles und jeden an den Pranger stellen, selbst aber nichts auf die Reihe bekommen.
Jena ist eine der spannendsten und an urbanem Potential wie finanziellen Möglichkeiten reichsten Städte Mitteldeutschlands. Unsere Stadt braucht weder Blender noch Schwätzer, sie braucht Macher wie einst Peter Röhlinger. Doch keine Angst: Auch hier und heute kann man sich politisch organisieren und dadurch aktiv an Jenas Zukunft mitarbeiten. Dies ist eine der erfolgversprechensten Möglichkeiten, den Dingen so ihren Lauf zu geben, wie man es sich persönlich wünscht. Und allemal besser als nur heiße Luft auszuatmen.
In diesem Sinne
Ihr
Rainer Sauer
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