„Deutsch-tunesisches Kooperationsprojekt zur Biodiversität“: Eine Software aus Jena hilft dabei, Pflanzenvielfalt zu erkennen
Forschungsreisende wie Charles Darwin oder Alexander von Humboldt brachten zahllose Pflanzen und Tiere von ihren Expeditionen mit. Ausgestopft oder getrocknet bildeten sie in vielen Fällen den Grundstock wissenschaftlicher Sammlungen. Ein Beispiel für eine solche Sammlung ist das Herbarium Haussknecht der Universität Jena, in dem u. a. eine große Zahl sogenannter Typusbelege aufbewahrt wird. Das sind in der Regel getrocknete Pflanzen, die von enormer wissenschaftlicher Bedeutung bei der Namensgebung sind.
Mit diesen Belegen wurde beispielsweise eine neue Art beschrieben oder die Abgrenzung zu anderen vorgenommen. Ein großer Teil dieser Belege wurde in den letzten Jahren digitalisiert und liegt in Form hochauflösender Bilder vor. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Jena wollen nun gemeinsam mit Kollegen von der Universität Sfax in Tunesien diese Datenmengen besser nutzbar machen.
„Wir wollen die Opensource-Datenmanagementsoftware BEXIS 2, die federführend von uns in Jena entwickelt wird, so erweitern, dass sie die Digitalisate zusammen mit den von uns extrahierten Daten speichern und den Wissenschaftlern bereitstellen kann“, sagt Prof. Dr. Birgitta König-Ries von der Universität Jena. Die Inhaberin der Heinz-Nixdorf-Professur für verteilte Informationssysteme erläutert, dass dazu ein Modul erstellt wird, mit dem Digitalisate, aber auch Video- und Audioaufnahmen verwaltet werden können. In Zusammenarbeit mit den Partnern Prof. Dr. Frank H. Hellwig und Dr. Jörn Hentschel vom Herbarium Haussknecht soll mit den digitalisierten Typusbelegen begonnen werden.
„Um Wissenschaftlern eine effiziente Suche aus den Daten zu ermöglichen, sollen Informationen wie Blattform und Blattgröße automatisch extrahiert werden“, sagt Dr. Jitendra Gaikwad, Leiter der Biodiversitätsinformatikgruppe des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle–Jena–Leipzig. Der Wissenschaftler leitet das Projekt MAMUDS, das gerade gestartet wurde. MAMUDS steht für „Managing Multimedia Data for Science“ und wird vom Bundesforschungsministerium für die Dauer von zwei Jahren mit rund 25.000 Euro gefördert. In gleicher Höhe kommt noch eine Förderung durch das tunesische Forschungsministerium hinzu.
Die Idee zu diesem neuen Projekt entstand im Rahmen der Zusammenarbeit im DAAD-geförderten Bio-Dialog, einer Kooperation der Universität Jena mit Universitäten in Tunesien und Ägypten. Prof. König-Ries betont, dass die Expertise aller beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Voraussetzung für das Gelingen des neuen Projekts sei. Dazu gehört Martin Hohmuth, ein Informatiker aus der iDiv-Biodiversitätsinformatikgruppe. Hohmuth sagt, die Software für das neue Modul müsse zunächst sozusagen trainiert werden. Gelingt das, können Wissenschaftler später gezielt in der Bildersammlung suchen, zum Beispiel nach Pflanzen mit ovalen Blättern.
Ein weiterer Partner ist Dr. Jens Kattge vom Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena. Kattge ist eine der treibenden Kräfte hinter der TRY-Datenbank, der weltweit größten Datenbank für Pflanzeneigenschaften. Die tunesischen Partner wiederum verfügen über Expertise in der Verwaltung von Multimediadaten sowie der Extraktion von Informationen aus Bilddaten. Nach Abschluss des MAMUDS-Projekts werden sowohl die entwickelten Werkzeuge als auch die erhobenen Daten der Gemeinschaft von Biodiversitätsforschern zugänglich sein. So können Forscher in der ganzen Welt von den Ergebnissen des Projekts profitieren. Neben den technischen Zielen soll durch Workshops und Trainingskurse vor Ort in Tunesien das Bewusstsein für die Bedeutung der biologischen Vielfalt geschärft werden.
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