„Bäume des Lebens wurzeln in Jena“: Wissenschaftshistoriker der FSU erinnern in „Nature“ an 150 Jahre Stammbäume

08.12.16 • INFOS FÜR STUDIERENDE, INTERESSANTES, JEZT AKTUELL, NEWSCONTAINER, START, UNSER JENA, WISSENSCHAFT, MEDIZIN & TECHNIKKeine Kommentare zu „Bäume des Lebens wurzeln in Jena“: Wissenschaftshistoriker der FSU erinnern in „Nature“ an 150 Jahre Stammbäume

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Prof. Dr. Uwe Hoßfeld (l.) und Dr. Georg S. Levit erinnern in „Nature“ an 150 Jahre Stammbäume und den Schöpfer Ernst Haeckel. – Foto © FSU Jan-Peter Kasper

JEZT Logo Forschung an der FSUWie visualisiert man Vielfalt? Mit dieser Frage sahen sich Biologen im 19. Jahrhundert konfrontiert, als ihnen nicht nur die Diversität der Pflanzen- und Tierarten bewusst wurde, sondern auch, dass diese miteinander in Verbindung stehen. Die Antwort lieferte schließlich Ernst Haeckel. Der berühmte Gelehrte schuf ausgehend von der Darwinschen Evolutionstheorie vor genau 150 Jahren in Jena den ersten Darwinschen phylogenetischen Stammbaum der Organismen und veröffentlichte ihn in seiner Schrift „Generelle Morphologie der Organismen“. In der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins „Nature“ erinnern die Wissenschaftshistoriker und Biologiedidaktiker Prof. Dr. Uwe Hoßfeld und Dr. Georgy S. Levit von der Friedrich-Schiller-Universität Jena an dieses Jubiläum des „Tree of Life“ (Baum des Lebens), wie ein Stammbaum im englischen Sprachraum bezeichnet wird.

„Es hat bereits früher die Idee gegeben, Arten und ihre Entwicklung bildlich darzustellen“, erklärt Levit. „Allerdings haben diese nie das Prinzip des Monophyletismus und selektionistische Mechanismen der Artbildung berücksichtigt.“ Erst durch Charles Darwins Theorien war diese Verbindung hervorgetreten. Der britische Evolutionstheoretiker hatte bereits in einer Tagebuchnotiz 1837 die Idee eines Stammbaums skizziert und später in seinem bahnbrechenden Werk „Die Entstehung der Arten“ (1859) als Diagramm dargestellt. Haeckel nutzte die Abstammungslehre des englischen Kollegen und entwarf 1866 in seinem Buch „Generelle Morphologie der Organismen“ u. a. den ersten phylogenetischen Stammbaum der Organismen. „Phylogenie bedeutet die stammesgeschichtliche Entwicklung von Lebewesen“, erläutert Hoßfeld. „Da Haeckel diesen Begriff im selben Werk überhaupt erst definiert hat, war es nur ihm möglich, eben auch den ersten Stammbaum dieser Art so zu bezeichnen.“ Genauer gesagt, handele es sich dabei um einen monophyletischen Stammbaum, denn alle drei von Haeckel eingeteilten Organismenreiche – Tiere, Pflanzen und Protisten (Organismen, die weder Blut noch Chlorophyll besitzen) – seien aus einer einzigen Wurzel (Moneren-Radix) hervorgegangen.

Doch nicht nur Darwin beeinflusste den deutschen Zoologen bei der Erfindung der Stammbäume. Auch ein Jenaer Kollege und Freund aus der Sprachwissenschaft inspirierte ihn. „Der Linguist August Schleicher hatte bereits 1863 einen ersten Stammbaum angefertigt, um die Entwicklung der indogermanischen Sprachen bildlich festzuhalten“, sagt der Jenaer Biologiedidaktiker Hoßfeld. „Ernst Haeckel griff diese Art der Visualisierung schließlich auf.“ Bis heute gibt es keine bessere Methode, um biologische Vielfalt zu illustrieren. Zwar kommen neue Techniken und Methodiken zum Einsatz und die Stammbäume werden als Kladogramm, Diagramm etc. wiedergegeben, am Prinzip hat sich aber nichts geändert. „Es ist einfach die beste, übersichtlichste Art und Weise, biologische Forschungsergebnisse auf diesem Gebiet darzustellen“, resümiert Uwe Hoßfeld.

Dass ein so renommiertes Fachjournal wie „Nature“ an dieses Jubiläum und die Leistung Haeckels erinnert, freut die beiden Jenaer Wissenschaftshistoriker ganz besonders. „Für uns ist es immer wieder ein Erfolg, wenn unsere Fachdisziplinen die Aufmerksamkeit erhalten, die sie verdienen“, sagt Hoßfeld, dem es nun bereits zum sechsten Mal gelungen ist, in „Nature“ einen Artikel zu veröffentlichen. „Das zeigt uns, dass noch immer ein großes Interesse an der Wissenschaftshistorie und an Science Education existiert und sie immer wieder zu aktuellen Diskussionen etwas beitragen können“, sagt Levit, der auf drei Publikationen im britischen Wissenschaftsmagazin verweisen kann. Gerade für die Friedrich-Schiller-Universität seien diese Veröffentlichungen Belege, wie aus der langen Tradition in Jena immer wieder auch aktuelle Forschung hervorgeht.





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