Im Gespräch mit Roland Duchatelet: „Ich freue mich natürlich wie alle über das bisher Geleistete. Aber man darf nicht zu schnell glauben, schon etwas erreicht zu haben.“
Roland Duchatelet ist 70 Jahre alt, belgischer Geschäftsmann und seit mehr als drei Jahren Gesellschafter beim FC Carl Zeiss Jena. Am vergangenen Wochenende besuchten ihn der FCC-Präsident und Aufsichtsräte des FC Carl Zeiss. Unter der Führung von FCC-Präsident Klaus Berka und dem Aufsichtsratsvorsitzenden Willi Obitz tauschte sich die insgesamt siebenköpfige Delegation aus Jena mit Roland Duchatelet zu verschiedensten Themen aus. Bei dieser Gelegenheit sprach man für die offizielle Vereins-Website mit Duchatelet über die derzeitige Situation beim FC Carl Zeiss Jena und seine Wünsche für die Zukunft:
FCC: Der STVV, in dessen Stadion – dem Stayen – wir sitzen und dieses Gespräch führen, hat die Klasse gehalten und bleibt belgischer Erstligist. Wie zufrieden sind Sie in diesem Jahr mit dem Fußballverein Sint-Truiden?
Duchatelet: Die Mannschaft hat einen neuen Trainer und deshalb war das letzte Jahr auch eine Art Neuanfang. Vor diesem Hintergrund bin ich zufrieden mit der Saison. Auch wenn es natürlich immer noch besser sein könnte. Keine Frage. Aber wir haben durchaus guten Fußball gespielt.
Guter und erfolgreicher Fußball wird derzeit auch in Jena gespielt. Wie nah sind Sie an den Ergebnissen, und wie verfolgen Sie die Spiele des FCC?
Ich verfolge die Spiele und die Ergebnisse über das Internet. Das ist ja heutzutage zum Glück alles unproblematisch. Ich freue mich natürlich wie alle über das bisher Geleistete. Aber man darf nicht zu schnell glauben, schon etwas erreicht zu haben. Hier haben wir in den letzten Jahren immer wieder bittere Erfahrungen machen müssen. Ich gehe davon aus, dass diese Saison erst am letzten Spieltag entschieden wird. Hier darf man sich keineswegs zu früh freuen. Ich erinnere mich daran, dass Standard Lüttich vor den Play-Offs in Belgien zehn Punkte Vorsprung auf den Zweitplatzierten hatte. Und dennoch sind wir nicht Meister geworden. Optimismus ist gut – aber er darf nicht in vorzeitige Euphorie ausufern. Das ist gefährlich. Ich plädiere da für Zurückhaltung.
Dann müssten Sie, auch was das betrifft, sehr zufrieden mit unserem Trainer Mark Zimmermann sein, der stets sachlich bleibt und auf die Bremse tritt.
Und das ist gut so. Letztlich sind immer diejenigen, die sich öffentlich euphorisch geben und Aufstiege fordern, nie die, die es auch neben oder auf dem Platz umsetzen müssen. Bitte nicht missverstehen: Ich bin froh über das Geleistete und würde mich wie jeder Fan auch riesig für Jena freuen, wenn wir bis zum Schluss oben blieben. Aber bis dahin ist es ein sehr weiter Weg.
Woher kommt Ihr Bezug, woher stammt Ihr Interesse am Fußball?
Als ich ein junger Kerl war, habe ich selbst Fußball gespielt – wie auch mein Vater Fußball spielte. Allerdings meinte mein Vater, dass Fußball aufgrund der Verletzungsrisiken zu gefährlich für mich sei. Ich habe dann mit 16 Jahren aufgehört und mich von dem an der Leichtathletik verschrieben.
Schauen Sie sich die Spiele des FC Carl Zeiss Jena komplett an? Lassen Sie sich DVDs senden, oder wie muss man sich das vorstellen?
Der Fußball ist ja nicht meine Haupttätigkeit. Deshalb kann der Fußball auch nichts sein, womit ich mich rund um die Uhr beschäftige. Das könnte ich, selbst wenn ich das wollte, gar nicht leisten. Diejenigen, die in den Clubs Entscheidungen treffen und die tägliche Arbeit leisten, sind andere – nicht Roland Duchatelet. Deshalb bin ich immer wieder erstaunt, wenn ich höre, dass ich mich ins Tagesgeschäft der Clubs einmischen würde. Das ist definitiv nicht so. Ich bin nicht jemand, der sich in tägliche Entscheidungen einmischt. Aber natürlich lasse ich mich immer wieder auf den neuesten Stand bringen, wie die aktuelle Situation im Club und dessen Umfeld ist. Und natürlich interessiere ich mich für Fußball. Fußball hat einen so hohen gesellschaftlichen, sozialen und auch kommunalen Stellenwert wie noch nie zuvor.
Sie haben vor kurzem Ihren 70. Geburtstag gefeiert, sind jetzt seit drei Jahren Gesellschafter beim FC Carl Zeiss Jena. Was ist Ihnen für die nächsten Jahre beim FC Carl Zeiss Jena besonders wichtig?
Mir ist wichtig, dass der FC Carl Zeiss Jena in die Lage versetzt wird, dass die Zukunft des Clubs nicht nur von Roland Duchatelet abhängt. Der FCC muss so aufgestellt sein, dass er auch in der Lage wäre, mit einer gesunden Sponsorenbasis vor Ort erfolgreich zu sein.
Sie sind in Belgien nicht nur ein bekannter Geschäftsmann, sondern auch durch Ihr politisches Engagement – Sie saßen auch im Belgischen Senat – ein bekanntes Gesicht. Sind Sie politisch noch aktiv?
Nein, das bin ich nicht – was aber natürlich nicht heißt, dass ich unpolitisch wäre. Ich interessiere mich sehr für Ökonomie und generell für die Geschehnisse in der Welt. Das alles beschäftigt mich sehr, zumal ich das, was sich aktuell abspielt, für nicht ungefährlich halte und ein gewisses Unbehagen bei mir auslöst.
Stichwort „Unbehagen“: Es ist kein Geheimnis, dass es in den letzten Jahren in der Zusammenarbeit zwischen Ihnen und den Club-Gremien nicht konfliktfrei zuging und die Atmosphäre doch eher als schwierig galt. Da müsste die Tatsache des gemeinsamen Besuchs der Gremien in Sint-Truiden doch ein deutliches Zeichen der Entspannung sein?
Und das ist auch so. Mit den neuen Gremien geht alles in geordneten Bahnen. Und der Besuch ist Beleg dieser Normalität, die im Miteinander wieder Einzug gehalten hat.
Wenn wir in fünf Jahren zusammensitzen, wie soll dann Ihrer Meinung nach der FC Carl Zeiss Jena aussehen?
Das Wichtigste für den Club, seine Fans und die Stadt ist, dass die Mannschaft erfolgreich Fußball spielt. Aber wichtig ist auch, dass der Club ein Ort ist, wo man sich begegnet, Menschen unterschiedlichen Alters und sozialer Herkunft zusammenkommen. Das ist jetzt sicher auch schon so, könnte aber noch viel intensiver sein. Dazu braucht es aber eine modernere Infrastruktur. Ein neues Stadion, in das man deutlich vor dem Spiel geht und in dem man auch nach Spielende länger gern bleibt, würde den Club auch in dieser Richtung sicher auf ein anderes Niveau heben können. Dabei finde ich den Ort, das Paradies, wo sich das Stadion befindet, sehr gut – traumhaft sogar. Als ich davon hörte, dass darüber mal nachgedacht wurde, einen Stadionneubau andernorts zu realisieren (in Lobeda; Anm. d. Red.), war meine erste Reaktion, dass das auf keinen Fall passieren dürfe. Das Stadion liegt inmitten eines tollen Parks, nicht weit weg vom Zentrum der Stadt – das ist wunderbar! Und ich bin froh für den Verein und seine Fans, dass es dort auch bleibt.
Hinweis: Dieser Artikel ist zuerst erschienen auf der Webseite des FC Carl Zeiss Jena.
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