„Premiere für Thüringen“: In Jena gibt es Elternkurse für Zugewanderte als spezielles Familienbildungsangebot
(Roswitha Putz) – Als erste Stadt in Thüringen bietet Jena ein spezielles Familienbildungsangebot für zugewanderte Mütter und Väter an. Es ist angelehnt an die Elternkurse “Starke Eltern – Starke Kinder”* des Deutschen Kinderschutzbundes.
Stress im Familienleben richtig bewältigen, neue Wege im Umgang mit Kindern kennenlernen und sich mit anderen Eltern austauschen können – das sind die Ziele des Elternkurses “Starke Eltern – Starke Kinder”, die der Deutsche Kinderschutzbund (DKSB) bundesweit bereits seit 1985 anbietet. Jetzt werden solche Kurse in Jena als speziell auch für Zugewanderte angeboten. “Neben den alltäglichen Herausforderungen des Familienalltags, müssen sich Geflüchtete zusätzlich in einem neuen sozialen Umfeld und einer Gesellschaft mit anderen Wertvorstellungen zurechtfinden. Hinzu kommt die Sprachbarriere”, erklärt Maria Mewes diesen Schritt. Sie leitet den Kurs gemeinsam mit Ivonne Fritschek.
“Bei dem Kurs legen wir Wert auf Gespräche und den gemeinsamen Austausch. Wichtig dabei ist , dass Vertrauen aufgebaut und Raum für Reflexion des eigenen Handelns geboten wird. In jeder Einheit steht dabei ein anderes Thema wie Herkunft und Identität, Kultur und Werte, Kinderrechte und Erziehungsverantwortung sowie Bildung und Gesundheit im Fokus”, erläutert Ivonne Fritschek. Ein hoher Beteiligungsgrad der Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowie eine aktive Lernatmosphäre sind für das Gelingen des Kurses sehr wichtig, sind sich die beiden erfahrenen Elternkursleiterinnen einig. Für die Kurse speziell für Geflüchtete haben sie durch den Kinderschutzbund eine Zusatzqualifikation für die Integrationsbausteine® erworben.
Die Integrationsbaussteine des DKSB verstehen sich als ein Familienbildungsangebot, welches Eltern nach ihrer Flucht das Bildungs- und Gesundheitswesen, Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe sowie Fördermöglichkeiten in Deutschland näher bringen. Sie knüpfen an das Elternbildungsprogramm “Starke Eltern – Starke Kinder” an. Denn auch hier stehen ein wertschätzender, anerkennender und respektvoller Umgang im Vordergrund.
Der erste Termin kam gut an. „Insgesamt haben 20 Mütter und Väter aus dem syrisch-kurdischen Sprachraum teilgenommen”, sagt Steffi Wenig, die Gewaltschutzkoordinatorin für Flüchtlingsunterkünfte der Stadt Jena. “Um Verständigungsprobleme zu vermeiden, ist bei den Treffen auch immer eine Dolmetscherin – Iman Muhamad – dabei. Weitere Veranstaltungen mit Teilnehmenden aus einem anderen Sprachraum sind denkbar. Damit die Eltern das Angebot auch wahrnehmen können, wird zudem eine Kinderbetreuung angeboten”, erläutert sie weiter.
Die Veranstaltungsreihe besteht aus insgesamt acht Kursen je drei Stunden, die in der Gemeinschaftsunterkunft im Spitzweidenweg 107 stattfindet. Für den Stadtteil Lobeda sind zwei weitere Kursreihen geplant und sollen ebenfalls in den städtischen Gemeinschaftsunterkünften veranstaltet werden. Das Angebot ist für die teilnehmenden Mütter und Väter kostenlos.
Hintergrund: Im Frühjahr 2016 haben das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gemeinsam mit der UNICEF die Bundesinitiative „Schutz von geflüchteten Menschen in Flüchtlingsunterkünften“ ins Leben gerufen. Diese entwickelte Mindeststandards zum Schutz von besonders schutzbedürftigen Personengruppen, zu denen insbesondere Kinder, Jugendliche, Frauen, LSBTI** sowie Menschen mit Behinderungen zählen. Mittlerweile ist die Bundesinitiative auf 100 Projektpartner angewachsen.
Seit dem 1. Mai 2017 ist die Stadtverwaltung Jena einer der beteiligten Projektpartner und wird mit einer Koordinatorenstelle zur Umsetzung von Gewaltschutzmaßnahmen, im Team Flüchtlinge gefördert. Ziel ist es, den Gewaltschutz in den Unterkünften kontinuierlich zu verbessern und in einem weiteren Schritt die Teilhabe und Integration von geflüchteten Menschen in der Gesellschaft zu unterstützen.
Im Rahmen des erstellten einrichtungsspezifischen Schutzkonzeptes der Flüchtlingsunterkunft Spitzweidenweg 107 werden verschiedene Prävention- und Integrationsangebote für Geflüchtete konzipiert und umgesetzt. Die Integrationsbausteine für zugewanderte Mütter und Väter ist ein zielgerichtetes Instrument, um den Zugang für zugewanderte Eltern zu Bildungs- und Gesundheitswesen bzw. Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe zu erleichtern.
Das Familienbildungsangebot findet in Kooperation mit dem Deutschen Kinderschutzbund Bundesverband e.V. statt.
* = Hierbei handelt es sich umd eine sog. „registered mark“ oder ® – also eine für einen Markeninhaber eingetragene Marke
** = LSBTI: Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transsexuelle, Transgender und Intersexuelle
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