Mord in Winzerla: Prozess wegen des Todes von Ursula P. beginnt am Montag – Was bisher bekannt ist (2)
(Wolfgang Wolf) – Anfang Januar 2019 fiel eine Seniorin aus Winzerla einem Gewaltverbrechen zum Opfer (wir berichteten). Schon kurz nach der Tat wurde ihr 24-jähriger Nachbar Mohammad A. verhaftet. Inzwischen scheint die Beweislage erdrückend. [LESEN SIE HIER TEIL 1 DES BERICHTS]
Am 10. Januar 2019 kamen gegen 14:00 Uhr Tochter und Enkelin von Ursula P. in deren Wohnung, denn so war es am Vormittag telefonisch vereinbart worden. Allerdings konnten beide die Seniorin nicht in der Wohnung antreffen. Da Winterjacke und Handtasche fehlten, im Radio sogar noch Musik lief, gingen Tochter und Enkelin davon aus, dass diese nur kurz unterwegs sei und verließen die Wohnung in der Max-Steenbeck-Straße 2 arglos. Auch am Abend machte sich die Tochter noch eine Gedanken um ihre Mutter.
Am nächsten Tag jedoch erhielt sie einen Anruf, der sie aufhorchen lies. Die Mitarbeiterin einer Bankfilliale im Jenaer Stadtzentrum teilte ihr mit, dass dort ein Überweisungs-Formular eingegangen sei, auf dem stand, dass von dem Konto des Enkels von Ursula P., auf das die Seniorin Zugiff hatte, 7.000 Euro abgebucht werden sollten: Empfänger des Geldes sollte Mohammad A. sein. Die Mitarbeiterin hegte jedoch Zweifel, dass die Unterschrift auf dem auf den 9. Januar 2019 datierten Formular tatsächlich von Ursula P. stammte – sie wollte sich bei der Tochter vergewissern, bevor die Buchung ausgeführt werden sollte. Unverzüglich begab sich P.s Tochter in die Bank und erkannte die Unterschriften-Fälschung. Anschließend begab sie sich in die Wohnung der Mutter, konnte P. aber nicht antreffen. Anschließend erstatte sie am Nachmittag des 11. Januar 2019 Vermisstenanzeige bei der Jenaer Kriminalpolizei.
Schon wenig später startete eine Suchaktion der LPI Jena, wobei die Enkeltochter auf fehlende Sparschweine in der Wohnung hinwies. Allerdings gab es dort keinerlei Hinweise auf ein strafrechtlich relevantes Ereignis. Nach der Auswertung von Videoaufnahmen vom Einwurf des Überweisungsbelegs in den Briefkasten des Geldinstituts fiel der Verdacht aus Mohammad A., der in der WOhnung gegenüber wohnte. Dort konnten die Beamten Lichtschein wahrnehmen, jedoch öffnete niemand die Tür. Da Gefahr im Verzug befürchtet wurde, traten die Ermittler die Tür ein. Dort konnte man feststellen, dass sich niemand in der Wohnung aufhielt, die Waschmaschine von Mohammad A. jedoch eine 60-Grad-Wäsche abgeschlossen hatte.
Noch bevor der Leichnam von Ursula P. entdeckt wurde, fand die Polizei Hinweise zu dem Wohnungsinhaber: u.a. einen Lebenslauf mit Handynummer. Deshalb beantragte die Ermittler eine Funkzellenabfrage über den Bereitschaftsrichter. Gegen 1:15 Uhr am 12. Januar 2019 wurde dann der Leichnam der Seniorin entdeckt. Fundort war das verschlossene Kellerabteil der Wohnung von Ursula P., wo der Täter sein Opfer in einen Koffer gequetscht in einem Schrank versteckt hatte.
Nach der Genehmigung der Funkzellenanalyse des Handys wurde Mohammad A. am 12. Januar 2019 gegen 14:15 Uhr in Erfurt festgenommen. Vor dem Haftrichter bestritt A. die Tat und hat bis heute kein Geständnis abgelegt, jedoch scheint die Indizienlage erdrückend. So verstarb die Rentnerin durch massive Gewalt gegen Arme und Beine, Brust, Hals und Kopf. Außerdem stach ihr der Täter ein Messer tief in den linken Oberschenkel. Im Rahmen der Ermittlungen fanden LKA-Mitarbeiter DNA-Spuren des Tatverdächtigen sowohl am Körper des Opfers, als auch im Inneren des Rollkoffers sowie am Bettzeug, in welches der Leichnam von Ursula P. eingewickelt war. Umgekehrt konnte die Rechtsmedizin Genspuren der Seniorin an der Jacke von Mohammad A. und an dessen Turnschuhen nachweisen.
Ferner ergab die kriminaltechnische Auswertung der Handschrift auf dem Formular der 7.000-Euro-Überweisung, dass die Unterschrift mutmaßlich der Angeklagte gemacht hatte. Zudem beweist eine Funkzellenanalyse des 10. Januar 2019, dass der Angeklagte zum Tatzeitpunkt (dieser kann nur zwischen dem Telefonanruf von Ursula P. und dem Besuch von Tochter und Enkelin gelegen haben) mit seinem Handy am Ort des Tötungsverbrechens eingeloggt war. Abschließend belasten Mohammad A. Fingerabdrücke und Faserspuren.
Die Todesumstände der 87-Jährigen hatte seinerzeit nicht nur in Jena für Bestürzung und Entsetzen gesorgt. Tochter, Sohn und Enkelin leiden bis heute schwer unter den Folgen und treten in dem am Montag startenden Mord-Prozess als Nebenkläger auf. Opferanwalt Stephan Rochlitz erklärte dieser Tage gegenüber FOCUS Online, dass die Angehörigen sich erhoffen würden, dass die schreckliche Tat lückenlos aufgeklärt werde und am Ende ein gerechtes Urteil des Gerichts herauskommen wird. Der Angeklagte selbst sitzt immer noch in Untersuchungshaft; es wird angenommen, dass die 1. Strafkammer des Landgerichts ihr Urteil erst Anfang 2020 sprechen wird.
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