FSU-Professorin ist deutsche Koordinatorin von EU-gefördertem, internationalen Netzwerk zur Attosekunden-Chemie
(Sebastian Hollstein) – Um zu beobachten, was im Inneren von Atomen geschieht, können Forschende sie mit Röntgen- oder extrem ultravioletter Strahlung durchleuchten. Allerdings müssen sich für diese Art der Spektroskopie die Lichtblitze auf der gleichen Zeitebene wie die Elektronen um den Atomkern bewegen. Dafür sind Laserpulse im Attosekundenbereich nötig – das entspricht dem Trillionstel einer Sekunde.
Vor allem dank technischer Innovationen – insbesondere im Bereich der Lichtquellen – hat sich diese Methode in den vergangenen Jahren sehr schnell entwickelt und verspricht nahezu revolutionäre Fortschritte im Bereich der physikalischen Chemie. Um ihr Potenzial weiter auszuloten und vor allem konkret zu nutzen, haben Forschende aus Chemie und Physik nun ein internationales Netzwerk gegründet, durch das sie ihre Zusammenarbeit in diesem Bereich weiter intensivieren wollen. Die Europäische Union fördert die neue Kooperationsbasis in den kommenden vier Jahren mit insgesamt etwa einer halben Million Euro. Bisher sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus insgesamt 25 Ländern beteiligt. Deutsche Repräsentantin und Koordinatorin innerhalb der sogenannten COST-Aktion ist Prof. Dr. Stefanie Gräfe von der Friedrich-Schiller-Universität Jena.
Die Jenaer Chemikerin interessiert sich dabei nicht nur für die Beobachtung von Elektronen. „Durch die Attosekunden-Chemie können wir nicht nur ins Innere von Atomen schauen, sondern dort möglicherweise auch aktiv chemische Reaktionen beeinflussen„, erklärt Stefanie Gräfe. „Die kurz gepulsten Lichtstrahlen können so eingesetzt werden, dass sie Elektronen sozusagen aus dem Gefüge herausschießen und somit ganze Bindungen aufbrechen – auf anderen Wegen können möglicherweise neue Bindungen geschaffen werden. Führt man das gezielt aus, so lassen sich praktisch künstlich Ladungsverschiebungen herbeiführen, die chemische Reaktionen begünstigen.“
Somit ließen sich Abfallprodukte vermeiden, die dann entstehen, wenn ein Molekül da anbindet, wo es nicht hin soll. Generell könnten Prozesse dieser Art effizienter gestaltet werden. Hier gelte es aber zunächst, mehr über den Ablauf chemischer Reaktionen mithilfe von Attosekunden-Laserstrahlen näher herauszufinden. Als Theoretikerin arbeitet Stefanie Gräfe vor allem am Computer. Sie wird im Rahmen des Netzwerkes beispielsweise Experimente entwerfen, die im Labor durchgeführt werden. Aus den daraus hervorgehenden Daten entwickelt die physikalische Chemikerin an der Universität Jena dann Modelle, um die wirkenden Phänomene zu erklären.
Das Netzwerk führt Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die zu einem Thema forschen, zusammen. Es ermöglicht ihnen beispielsweise den direkten Austausch untereinander während gemeinsamer Treffen sowie längere Forschungsaufenthalte an beteiligten Institutionen und kleinere Workshops etwa für den wissenschaftlichen Nachwuchs. „Um breit aufgestellt zu sein und alle Kompetenzen in diesem Bereich zu bündeln, haben wir natürlich großes Interesse daran, dass das Netzwerk wächst„, sagt Prof. Dr. Stefanie Gräfe. „Deshalb freuen wir uns, wenn sich weitere Forscherinnen und Forscher anschließen.“
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