„Drehung hat geklappt“: ESA-Wissenschaftssonde „Philae“ sendet weiter Daten an die 500 Millionen Kilometer entfernte Erde

15.11.14 • JEZT AKTUELL, START, WISSENSCHAFT, MEDIZIN & TECHNIKKeine Kommentare zu „Drehung hat geklappt“: ESA-Wissenschaftssonde „Philae“ sendet weiter Daten an die 500 Millionen Kilometer entfernte Erde

JEZT - Philae - Destination on Comet 67P - Image © ESA Rosetta Team + Bearbeitung von InterJena

(JEZT / ESA) – Schon kurz nach der Landung auf dem Kometen „67P / Tschurjumow-Gerassimenko“ vorgestern, sagte ESA-Projektmanager Stephan Ulamec vom DLR, die Wissenschaftssonde „Philae“ sei möglicherweise nicht einmal sondern sogar zweimal auf dem Kometen gelandet. Nun steht nach Auswertung aller Daten fest: Insgesamt drei Mal hatte „Phliae“ Bodenkontakt  mit dem Kometen und zwar erstmals am Mittwoch, den 12.11.2014 um 15.33 Uhr MEZ.

JEZT - Philae - First Surface Panoramaphoto - Image © ESA Rosetta Team bearbeitet von InterJena

Danach prallte der Lander aber vom Kometen ab und stieg nochmals einige Hundert Meter in die Höhe, hatte um 17.26 Uhr einen zweiten Bodenkontakt,etwa 900 Meter entfernt vom ersten Auftreffen, um dann gegen 17.33 Uhr MEZ endgültig aufzusetzen . Dass der 100 Kilo schwere Lander über hunderte Meter auf „67P“ auf- und abgesprungen ist, hängt wohl hauptsächlich damit zusammen, dass die Verankerung durch zwei Harpunen fehlgeschlagen war und auf dem Kometen kaum Schwerkraft vorhanden ist.

Nun soll er, so die Angaben aus dem ESA-Kontrollzetrum, rund einen Kilometer vom ursprünglich vorgesehenen Landeplatz zur Ruhe gekommen sein. Trotz allem haben die ESA und ihre Wissenschaftler dabei wohl auch noch eine Menge Glück gehabt, denn es scheint so, dass „Philae“, wenn der Lander am Ende nur wenige hundert Meter weiter aufgekommen wäre, unter Umständen vom Rand des Kometen hätte ins Weltall zurückprallen können. (siehe Darstellung ganz oben)

JEZT - Philae - Third Surface Photo of Comet 67P - Image © ESA Rosetta Team + Bearbeitung von InterJena

Interessant bei der Analyse der Daten sei die fast zweistündige Differenz zwischen den ersten beiden Zeiten des Aufsetzens, erklärte Ulamec. Den neuesten Berechnungen nach haben sich auch die als Fixierung vorgesehenen Schrauben in den drei Landebeinen nicht in die Oberfläche des Kometen „gefressen“, erläuterte er. Trotzdem sei „Philae“ fest auf dem Kometen verankert, da der Lander auf der Seite gekippt zwischen zwei Felsen liege (siehe Fotomontage oben). Dass „Philae“ so etwas überstehen könnte, damit habe niemand gerechnet, so der Projektmanager gestern.

JEZT - Philae - First Surface Photo of Comet 67P with some details - Image © ESA Rosetta Team + Bearbeitung by InterJena

Für die gekippte Lage sprachen vor allem die übermittelten Panoramafotos, auf denen die Felsen zu sehen sind und ein Bein des Landers, welches in den Weltraum zeigt (siehe die Fotos oben und Mitte oben / Bildbearbeitung säntlicher Fotos dieses Artikels von InterJena). „Wir wissen nicht genau, was bei der Landung passiert ist“, sagte ESA-Flugleiter Paolo Ferri, fügte aber hinzu „doch müssen wir einiges richtig gemacht und vorgedacht haben, sonst würde ‚Philae‘ jetzt nicht auf der Oberfläche des Kometen stehen.“

Inzwischen haben „Philae“ und sein Mini-Labor auch die dritte Nacht auf dem Kometen (inklusive Funkloch) gut überstanden und senden weiterhin Daten vom Kometen an „Rosetta“. Kurz bevor die Energie der Hauptbatterie aufgebraucht war und die Wissenschaftssonde in eine Art Schlafmodus übergegangen wäre, gelang es den ESA-Wissenschaftlern „Philae“ auf dem Kometen „Tschurjumow-Gerassimenko“ leicht zu drehen und über das prognostizierte Ende der Batterie-Energie hinaus „stable comms“, also eine stabile Kommunikation, zu erreichen und der Sonde weitere Daten zu entlocken. Diese stammten von einer ersten Bohrung in die Kometenoberfläche von gestern Nachmittag.

JEZT - Philae - First Surface Photo of Comet 67P with more details - Image © ESA Rosetta Team + Bearbeitung by InterJena

Die sprichwörtliche letzte Chance nutzte die ESA, um „Philae“ mit einer mechanischen Bewegung besser in Richtung Sonne auszurichten: „Wir haben den Aufbau um 35 Grad gedreht“, sagte Manuela Braun vom Deutschen Zentrum für Luft und Raumfahrt (DLR) am frühen Morgen. Die Solarpanele erzeugen seither den Strom für den Betrieb von „Philae“, die Energie ist jedoch bei weitem nicht so hoch, wie bei einer glatten Landung zu erwarten gewesen wäre, denn durch die Schattenwirkung der Felsen als auch die Lage des Landers stehen nach Angaben von Stephan Ulamec derzeit nur 25 bis 40 % der prognostizierten Energie zur Verfügung.

Derweil haben die bisher übermittelten Nahaufmahmen der Kometenoberfläche weltweit Aufsehen erregt. So sind auf einigen Fotos sogar feinste Details zu erkennen, von denen man im Moment nicht genau weiß, was sie darstellen (siehe Mitte unten); irdische Augen erinnern einige Muster im ersten Moment an Kieselsteine. Auf einem anderen Foto ist im oberen Teil der Aufnahme ein etwa fünf Meter großer Felsbrocken zu sehen, der in der Oberfläche von „Tschuri“ steckt. An einer Seite scheint dieser Felsen mit Staub überzogen zu sein – dies obwohl der Komet keine Atmosphäre hat, was Rätsel aufgibt (siehe die beiden Fotos ganz unten).

JEZT - Philae - Rock coverd with Dust - Image © ESA Rosetta Team + Bearbeitung by InterJena

Egal wie lange „Philae“ noch Daten sendet: Die Mission auf der Kometenoberfläche war von vorn herein nicht für die Ewigkeit ausgerichtet gewesen, denn je näher „Tschurjumow-Gerassimenko“ der Sonne kommt, desto mehr verliert er seine Oberfläche und schrumpft. Somit wird „Philae“ mit der Zeit ohnenhin seinen Halt verlieren und wieder ins All hinausschweben – beobachtet von seinem Mutterschiff „Rosetta“, das nach wie vor langsam aber stetig den Kometen „Tschuri / 67P“ umkreist.





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