„Darwin als Inspirationsquelle für Informatiker“: Morgen beginnt ein Interdisziplinäres Symposium zu Evolutionstechniken an der FSU Jena
(JEZT / FSU) – Mutation, Zufall, Auslese: Solche Begriffe sind vor allem aus der Evolutionsbiologie bekannt. Zunehmend lassen sich jedoch auch Informatiker und Ingenieure bei der Entwicklung von Algorithmen von der Natur inspirieren. Eine wichtige Grundlage hierfür legte im Herbst 1964 der damalige Student Ingo Rechenberg: Bei einem Experiment im Windkanal bestimmten er und sein Kommilitone Hans-Paul Schwefel mithilfe des Evolutionsprinzips die ideale Form von Flügeltragflächen mit geringstem Widerstand. „Hätten sie die verschiedenen Einstellungen des Flugzeugflügels systematisch getestet, hätte es Jahre gedauert. Doch durch das Spiel von Zufall und Auslese benötigten sie nur wenige Stunden“, erklärt Wissenschaftshistoriker PD Dr. Rudolf Seising vom Ernst-Haeckel-Haus der Universität Jena. Am 18. November 1964 berichtete schließlich auch der SPIEGEL in dem Artikel „Zickzack nach Darwin“ darüber.
Genau 50 Jahre später erinnert im Rahmen von „100 Jahre Phyletisches Museum“ ein interdisziplinäres Symposium an der Universität Jena an das Windkanal-Experiment und beleuchtet Evolution, Technik und Informatik in Geschichte, Gegenwart und Zukunft. Die Tagung „Ein halbes Jahrhundert Zickzack mit Darwin. Evolution – Evolutionäre Algorithmen – Artificial Life“ vom 18. bis 20. November richtet sich an Fachwissenschaftler und Studierende aus den Bereichen Biologie, Informatik, Technik und Philosophie sowie an die interessierte Öffentlichkeit.
Veranstalter des Symposiums sind das Institut für Informatik und das Institut für Geschichte der Medizin, Naturwissenschaft und Technik – Ernst-Haeckel-Haus der Universität Jena. Wissenschaftler vor allem deutscher Hochschulen sowie aus Sheffield und Brüssel berichten über Evolutionstheorien in der Biologie, Anwendungen des Evolutionsprinzips in der Informatik und über aktuelle Entwicklungen im Bereich „Artificial Life“. Darüber hinaus beschäftigt sich das Symposium mit philosophischen und ethischen Fragen, beispielsweise zum moralischen Status künstlichen Lebens und zum Thema Schwarmintelligenz.
Auch Ingo Rechenberg und Hans-Paul Schwefel – inzwischen emeritierte Professoren in Berlin und Dortmund – sind zu Gast: Rechenbergs Vortrag über die „Sternstunden der Theorie der Evolutionsstrategie“ beginnt am 18. November um 17 Uhr, anschließend findet eine Podiumsdiskussion mit ihm und Hans-Paul Schwefel statt. „Die beiden gelten als Pioniere der Evolutionstechnik und es ist eine absolute Besonderheit, sie gemeinsam bei einer Tagung zu erleben“, betont Rudolf Seising.
Der Wissenschaftshistoriker hat das Symposium initiiert und gemeinsam mit seinem Kollegen aus dem Ernst-Haeckel-Haus, Dr. Thomas Bach, und dem Lehrstuhlinhaber für Theoretische Informatik, Prof. Dr. Tobias Friedrich, organisiert. „Unser Ziel ist es, die einzelnen Fachwissenschaften auch einmal historisch zu betrachten und so die Forscher der verschiedenen Disziplinen zusammenzubringen“, erläutert Bach, der kommissarischer Leiter des Ernst-Haeckel-Hauses ist. Tobias Friedrich ergänzt: „Sich mit der Geschichte des eigenen Forschungsgebietes zu beschäftigen, ist nicht nur unglaublich spannend, sondern es erweitert auch den eigenen Horizont.“
Das Symposium beginnt am 18. November um 15 Uhr und ist gleichzeitig als Workshop im Rahmen des EU-Projektes „SAGE (Speed of Adaption in Population Genetics and Evolutionary Computation)“ konzipiert, an dem Tobias Friedrich beteiligt ist. Ein internationales Forscherteam untersucht darin, wie sich der Erfolg der Evolution auf die Informatik übertragen lässt.
Die Vorträge und die Podiumsdiskussion am 18. November finden im Großen Tagungsraum im JenTower (29. OG, Leutragraben 1) statt, die Veranstaltungen an den beiden anderen Tagen im Großen Saal im Haus auf der Mauer (Johannisplatz 26). Der Eintritt ist frei. Mehr Informationen sind HIER zu finden.
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