Die Schatten der Ignoranz – oder: „Mein Januar 2014“ (von Rainer Sauer)
„Pegida“, die Vereinigung der „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“, macht es vor, andere machen es nach. Ausländerhass wird gesellschaftsfähig und unterstützt wird das von vielen Mitläufern, die im Grunde anderes im Sinn haben: Ärger über den Staat, die Steuern, Politiker, sogar Misserfolge im Sport.
Aber die, die fleißig mitlaufen und Präsenz zeigen, kümmert es offensichtlich nicht besonders, dass die Marschrichtung erkennbar nach rechts geht. Sowohl in der Sprache („Unsere Bewegung“, „Lügenpresse“, „Überfremdung“, „Volk sei wachsam“) als auch im Auftreten und bei den Spruchbändern. Nach Pegida kam Legida („Leipzig gegen die Islamisierung des Abendlandes“), Sügida („Südthüringen gegen die Islamisierung des Abendlandes“) oder Pegada („Patriotische Europäer gegen die Amerikanisierung des Abendlandes“).
Jetzt mischt sich in die verwirrende Stimmung in unserer Region auch noch eine Jenaer Informationsplattform ein, mit einem ebenso unkommentierten wie unvollständig übernommenen Bericht unter dem Titel „Jena auf Platz 3 bei Zuwanderung in Großstädte im Osten“. Klingt dramatisch, nicht wahr. Steht der Untergang des Abendlandes in Jena also kurz bevor? Lauert bei uns an jeder dritten Hausecke der Islam? Auch diese Fragen bleiben im Artikel unbeantwortet.
Aber wie hoch ist denn nun die Ausländerquote in Jena? Keine Angabe im Artikel. Sind es Muslime oder doch eher Kriegsflüchtlinge, die zuwandern? Genauso keine Angabe. Die abgebildeten Tabellen sind dabei ebenso bunt wie nichtssagend. So intransparent und irreführend kann Information in Zeiten des Web 2.0 also aussehen.
Kleiner Hinweis von mir: Laut Statistischen Angaben liegt der Ausländeranteil in Jena derzeit bei rund 5,2 % bezogen auf knapp 108.000 Einwohner; jeder zwanzigste Mensch in Jena (inklusive aller wissenschaftlicher Mitarbeiter und Studenten der beiden Hochschulen) ist also ein Ausländer. Zum Vergleich liegt er bei der nur 300 Kilometer entfernten Stadt Offenbach am Main in Hessen (Einwohnerzahl = 119.000) bei rund 34 %.
In diesem Sinne: Auf einen neuen Monat!
Ihr Rainer Sauer
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